12.6.

Am Samstag hatte ich mich früh am Abend mit Jan verabredet, um endlich die auf Sky bereitgestellten Folgen von Twin Peaks anzuschauen. Aber wie das so ist mit etwas, an das man große Erwartungen stellt: Man fürchtet sich insgeheim auch schon vor der Enttäuschung. Und so schaute ich auf dem Weg durch den Grunewald noch auf der Terrasse des Bistro Floh vorbei, wo sich traditionell, aber im Sommer noch intensiver, die diversen Unternehmer im Ruhestand treffen, die sich übrigens gegenseitig mit den Namen ihrer Unternehmen ansprechen, also »Togal Werner« et cetera.

Die Sonne schien auf Kiefernstämme, die es in dieser Gegend überall gibt. Das Trottoir lag schon voller Zapfen, die knackten und knisterten auf dem warmen Belag. Auch das war natürlich schöner als Fernsehen: Gespräch über Kiefern, warum man die so schön findet (die orangefarbenen Stämme im Abendlicht; wie sie sich in den Himmel biegen; dass der Blick an ihnen entlang oben ins Blau fahren kann und dann erst kommt deren Krone; das Palmenhafte; dann die Details: die Zapfen, die Nadeln, die Borke, die Rindenhaut, die sich abziehen lässt und dann, hältst du sie gegen das Licht, entsteht dort ein Camouflagemuster in Orangetönen; nicht zu vergessen die Standorte, also wo man die Kiefer vorzugsweise vorfindet: auf sandigem Grund. In schönen Wäldern. An den Ufern von schönen Seen. An Wäldern, die zu einem Strand hinführen, an ein Meer).

Es gab dann die üblichen Probleme mit dem Decoder, dann, als die gelöst waren, hatten wir Hunger bekommen. Unkonzentriert durften wir uns das Werk nicht einverleiben. Im Auto lauschten wir der Stimme einer Albanerin, Ermonela Jaho, die etwas Regnerisches hatte und etwas vom Kiefernwald hatte sich in mein Hörerlebnis auch noch hineinverirrt, und so entstand auf der kurzen Fahrt also ein Hochgenuss. Wobei wir auch noch an einem erstaunlichen Bauwerk vorbeigefahren waren, es handelt sich um einen Baumarkt, der am äußersten Ende des Ku’damms errichtet wurde, an der Spitze sozusagen, aber das mit den Mitteln der zeitgenössischen Museumsarchitektur. Man fährt dran vorbei und glaubt, dort stünde die Kunsthalle Siegen oder eine dergleichen. Na ja.

Als wir dann nach dem Essen und der Rückfahrt, mittlerweile war es passenderweise dunkel geworden, auf der Terrasse den Serienapparat in Betrieb genommen hatten, war es ja im Grunde schon zu spät für eine objektive Kritik am Œuvre. Wir fragten uns aber schon, wenn auch nur kurz, weshalb eigentlich niemand im Feuilleton darüber geschrieben hatte.

Ich schlief lang und gut und, wie es mir schien, traumlos in einen Sonntag hinein, der warm war und den Wünschen von Hunderttausenden entgegenkommen sollte, die auf ihren Fahrrädern über gesperrte Autobahnen ins Berliner Stadtzentrum eindringen wollten. Ich sah einige Tausend von ihnen aus dem Fenster der S-Bahn. Sie stauten sich in eine Autobahnauffahrt hinein. Die Sonne heizte. Und überall war Polizei.

Am Abend dann wies einiges am Himmel hin auf ein anstehendes Hitzegewitter. Was gibt es schöneres, als dabei am offenen Fenster einzuschlafen. Man liegt dort geschützt und im Dunkeln und lauscht bei schwindenden Sinnen den Tropfen, die unablässig tropfen, wie um zu sagen: Schlaf du nur ein, wir kümmern uns derweil um die Arbeit.