15.6.

Fernweh – gestern am Abend saß ich noch mit V im Café Pinguin und er erzählte mir highspeed eine Geschichte nach der anderen aus dem Fürstentum Monte Carlo, wo man ja, also ich zumindest glaube, dass es dort unfassbar uninteressant ist. Doch falsch geglaubt. Zumindest wird es anscheinend selbst dort, zumindest wenn man, wie V angeblich, zehn Jahre lang gewohnt hat, beinahe unsagbar interessant. Vor allem wohl im Café Sass, das ich mir, so V, in etwa so vorzustellen habe wie das Café Pinguin – bloß anders. Same same but different, wie es unter Reisenden in den Neunzigerjahren hieß, jener Erzählzeit seiner Geschichten. Doch habe sich dort in Monaco bis gestern noch nichts geändert. Monaco konserviert, auch wenn durch die Erschießung von Hélène Pastor vor ein paar Jahren sich auch einmal kurzfristig eine Veränderung angekündigt hatte. Man könne dort im Café Sass noch immer sein Portemonnaie und die Armbanduhr, die man zum Essen abgenommen hat, auf dem Tisch liegen lassen, während man zur Toilette geht, und wenn man dann zurückkehrt, liegt alles noch genau so da. Das zum Beispiel geht im Café Pinguin natürlich nicht. Noch nicht einmal im Hotel Adlon sei das zu empfehlen.

Kann man das Telefon auch auf dem Tisch im Café Sass liegen lassen, wollte ich wissen.

»Wer klaut denn bitteschön ein Telefon«, sagte V, »es hat doch jeder eins.«

Am Himmel zeigte sich die Abendfarbe, sommerlich und wie ein grauer Film, dahinter war ein dunkles Blau gespannt. Zwei nadelfeine Streifen überkreuzten sich in etwa über jener Stelle, von der ich wusste, dass dort der Flughafen zu finden ist. Ganz kurz wurde es ganz still. Eine Pause im Straßenverkehr. Wie vom Dirigenten eingeräumt.