1.6.

Sich selbst erforschen zu können – das finde ich, nach dem vielen Geld, das ich damit verdiene, doch den schönsten Aspekt dieses wunderschönen Berufes. Dass mein Gehirn sich andauernd selbst befragen und beobachten darf und ich dabei, noch nicht einmal im Traum, noch nicht einmal dann, ein schlechtes Gewissen haben muss (na ja, schon manchmal ein bisschen); dass ich die Rückmeldungen dann doch immer interessantestens finde und dabei schon wieder etwas Neues denke, mir dabei selbst auf die Schliche komme und dennoch ist es selbst nach so vielen Jahren noch immer überraschend und brandheiß, was sich da zusammenreimt. Auf einer Top-drei-Liste meiner Organe stünde mein Gehirn auf Platz eins. Unangefochten exemplarischerweise »z.B.« vor meinem sogenannten Schwanz oder meiner Leber, die, nach Alan Flusser doch eher als die »Ackergäule« meines über alles geliebten Proteinklumpens Punktpunktpunkt

Unter anderem der Grund, weshalb ich keine Haustiere halte, und selten bloß Schnittblumen: weil ich halt andauernd mit diesem Gehirn beschäftigt bin, das mich vollkommen in Atem hält – sozusagen. Neulich wieder: Wir gingen da gerade über die Brücke, die Sonne war soeben versunken und es zeigten sich matte Töne von Violett und Dunkelgrau vor einem ansonsten schön grauen Himmel, sie türmten sich auf und im Wasser, in dem sich dieses Ensemble spiegelte, schwamm eine Ente - sie war ja gar nicht klein, aber in der Relation zu dem ganzen Bild erschien sie, als ob, nun: diese Ente also, ganz schwarz aufgrund der herrschenden Lichtverhältnisse, zog dort unter der Brücke eine ihrer Verdrängung angemessene Sillage und rechts davon dümpelten die Segelboote im Hafen des Yachtclubs.

Und darüber habe ich dann original eine Stunde und noch länger nachgedacht. Mit dem größten Vergnügen. Musik angemacht und plötzlich festgestellt – genau genommen war es freilich so, dass ich das schon vorher wusste, bevor ich das Stück also ausgewählt und angemacht hatte: Interlude und danach Movement Five von Carl Craig und Moritz von Oswald. Weil das korrespondiert oder vorgibt, wie ich finde, dass ich einen Text zu schreiben hätte. Dass er dann so verläuft und erklingt.

(Und bei dem Einsatz der Bläser muss ich immer noch an Isaac Davis denken, wie er mit Tracy im Bett in seiner neuen Wohnung liegt und er die Wohngeräusche seines Nachbarn über ihnen damit beschreibt, dass der »eine Trompete zersägt«, so klingt er nämlich, der Auftakt zum Movement Five, und Tracy sagt: Fummel‘ doch lieber ein bisschen mit mir rum!, und Isaac fragt: Sag mal, wie oft kannst Du eigentlich in einer Nacht?, und Tracy sagt: A lot!, und dann holt er seinen Taucheranzug aus dem Schrank).