17.8.2019

Grau und, für mein Empfinden: dräuend, dabei unerlöst blieb der Himmel gestern bis in meinen Nachmittag hinein. Er ragte. Was mich verdriesslich stimmte, vor allem weil ich mir dazu dachte: besser, du gewöhnst dich daran. Dazu kam, dass ich mir rasch ein Wissensgebiet aneignen sollte und dazu in amerikanischen Websites lesen musste. Es nervt derart brutal, wenn bei jeder Bewegung ein Banner hereinfährt und fragt, ob ich ein Abonnement abschliessen will. Oder zumindest den Newsletter abonnieren? Was ist das für ein Umgang mit Text? Ich weiss schon, aber es ist für mich ein deprimierender Einblick ins Denken, wenn man den Leuten, so sie nicht freiwillig zahlen wollen, absichtlich auf die Nerven geht. In dem Zusammenhang war ich freilich schon perforiert durch das Geschehen vor meinem Fenster. Vor einer Woche erst hatten zwei Tauben das von dem Eichhörnchen mühevoll ausgebaute Restnest in dem Baum dort in Beschlag genommen. Die eine fing dann auch umgehend zu brüten an. Was zu meiner schlechten Laune beitrug, denn das Nest ist für ein Eichhörnchen zwar leicht zu erreichen zwischen steil aufragenden Ästen in der Krone des Baumes versteckt, für einen plumpen und doch ziemlich grossen Vogel wie die Taube gibt es aber keine angemessene Einflugsschneise, weswegen die Ankunft des nicht brütenden Partners mit dem für Tauben typischen Rascheln begleitet wird. Sowieso sind sämtliche Geräusche von Tauben unschön. Ihr monotones Rufen klingt für meine Ohren so, als ob jemand eine Kuckucksuhr lose in Butterbrotpapier eingewickelt hält, um dem dämlichen Kuckucksruf der Apparatur zu zusätzlich scheppernder Resonanz zu verhelfen. Es hat etwas seelenloses. Zudem sind diese Tauben noch grau.

In derlei taubentrüben Gedanken versunken, wurde ich beim Rühren einer Suppe von einem anders raschelnden Flattern alarmiert. Und kam gerade noch rechtzeitig, um die Nebelkrähe zu bezeugen, die inmitten des Nestes stand, nicht hockte, und sich den Schnabel wischte, an dem noch Eierschleim klebte. Von der Taube war nichts zu sehen. Auch war der Kampf, bis auf das Flattern, ruflos abgelaufen. Spektakulär der Abflug der Krähe von der Raubstätte. Das Tier ist ja noch einmal doppelt so gross wie eine Taube, aber halt auch doppelt so stark. Sie bricht aus dem Geäst wie ein Hirsch; segelte in weitem Bogen davon.

Heute früh das Grau am Himmel. Noch zeichnungsärmer, fader, in sich verblasst über Nacht. Das Nest verwaist. Ich spürte ein minimal schlechtes Gewissen, weil mir die Krähe so vorkommen will wie mein Agent; als ob sich in ihrer Tat mein Wille manifestiert hätte. 

Dann ein wieder anderes Rascheln: das Eichhörnchen war zurück und begann mit dem Wiederaufbau des Nestes. 

Auf dem Küchentisch: Ein Gedicht von Goethe. Er schreibt (weder heftig, noch schwach): 

So sollst du, muntrer Greis,

Dich nicht betrüben,

Sind gleich die Haare weiss,

Doch wirst Du lieben.