19.7.

Ein Albtraum über fünfeinhalb Stunden: Ich war nach 0 Uhr 30 eingeschlafen und wachte dann jeweils nach einer Stunde des Schlafens wieder auf, sah auf die Uhr, um kurz darauf (kurz, wie es mir schien; vielleicht nach ein paar Minuten) wieder einzuschlafen. Albtraum auch nur deswegen, weil dieser Traum sich dann nach meinen Wachmomenten nahtlos (wiederum wie es mir erschien und jetzt noch scheint) fortsetzte. Das Geschehen selbst war ohne Grauen, jedenfalls für mich, aber wie es den Traumfiguren jeweils geht, ist in Träumen wohl egal. Ich jedenfalls war zu Besuch bei einer Familie, die, so wurde behauptet, Mitglieder einer Sekte waren, die sich als Ritter des Tempelordens bezeichneten. Meine Aufgabe war es, mit den Eltern, aber auch mit den Töchtern (Söhne gab es keine und wenn ich es mir jetzt zu überlegen versuche, auch keinen Vater) über ihre Sündhaftigkeit zu sprechen. Vor allem hieß das, ihnen zuzuhören, denn sie litten darunter, sich andauernd zu versündigen, ohne dass sie es beabsichtigten – das lag an den Regeln der Sekte, wie ich bald, ich glaube schon während des ersten Abschnittes von 0 Uhr 30 bis 1 Uhr 30, herausfand. Jedenfalls erinnere ich mich, dass es mir da noch Freude machte, und ich sogar hoffte, dass der Traum so weitergehen möge; von mir fortgesetzt würde.

Am Nachmittag hatte ich bei Otto Gross über den Konflikt gelesen und mich dann während des Sonnenunterganges gefragt, ob es eigentlich noch zeitgenössische Traumprotokolle gibt. Wo die erscheinen. Das Geschehen am Himmel war zu spektakulär und ich insgesamt zu träge nach einem fleißig verbrachten Tag, um das zu googeln, aber interessieren tat mich das schon. Ich konnte und kann mir nämlich nicht vorstellen, dass Zeitgenossen noch immer so träumen, wie es beispielsweise in der Traumdeutung bei Sigmund Freud dokumentiert wird: also von Spinnen und Regenwürmern, die durchs Unterholz kriechen. Von Zähnen, die ausgerissen werden, von Leitern und Eimern und Karren und so weiter. Auch bei Otto Gross werden Träume erzählt, die mir geradezu archaisch anmuteten von ihrem Bildmaterial her.

Zu diesen Überlegungen dann aber wie gesagt das Farbenspiel eines Sonnenunterganges wie eh und je, bloß dass mir dazu halt das Cover von David Crosby einfiel, von diesem Album auf dem der Song with No Name (Tree with No Leaves) war.

Und in der Nacht dann, wie als Rache der Traumkonservativen oder Traumveteranen: die Töchter der Tempelritter! Wobei in der letzten Folge, die ging bis halb sechs, die älteste von ihnen in einem langen grünen Kleid unter einem Apfelbaum stand. Mit einem Kranz von Wiesenblumen im Haar. Ein Abfallkorb der Berliner Stadtreinigung aus orangefarbenem Plastik war freistehend in der kniehohen Wiese aufgestellt. Und jemand hat dies alles fotografiert.