20.12.

Gestern, es war schon kurz vor 16 Uhr und das Café beinahe geschlossen, schaute ich noch bei Markus vorbei. Wenn er sich freut, dann glänzen seine Augen immer noch einmal besonders schön. In der Küche wurden gerade die letzten Pfannen in die Geschirrspülmaschine geräumt, die Tische alle noch besetzt mit Gästen, die, so schien es, einfach nicht nach Hause oder weiter wollten, obwohl die Tassen längst ausgetrunken waren. Erschöpft, aber glücklich, alles verkauft, was zu essen vorbereitet worden war. Wir sprachen über die spezielle Stimmung kurz vor den Festtagen, wenn alle sich noch einmal mit allen treffen wollen, im Notfall auch nur kurz, gerade so, als ob dann nicht bloß ein Jahr zu Ende ginge, sondern das letzte aller Jahre überhaupt.

Gut wäre es, meinte Markus, wenn es so eine Zeit der Milde auch noch im Sommer gäbe; wenn, wie in Frankreich oder Italien, einfach so gut wie alles für ein paar Wochen lang zumachte wegen allgemein verordneter Ferien. Dann entstünde auch im Sommer so eine alle und alles umfassende Stimmung der Losgelöstheit vom Machen und Müssen. In der Illusion, dass das sogenannte Leben nicht einfach immer weitergeht. Sondern neben Tiefen auch wirkliche Höhen enthält. Und erzählte mir dann noch von seinem Forschungsaufenthalt bei einem Fischzüchter am Chiemsee, mit dem er vor dem Morgengrauen in einem Boot aus verchromtem Stahl in die Dunkelheit gefahren war: Nach dem Sonnenuntergang blieben die Nebel auf dem Wasser liegen, und, so Markus, er bekam die Energie des Ortes zu spüren, wo schon im Jahre fünfhundertirgendwas ein Kloster errichtet worden war, das es heute noch immer gibt. Dahinter die Berge. Und damals schon Dunkelheit und dann Nebel auf dem See. Spiritualität.

Auch Orte wollen dann noch ein letztes Mal im Jahr besucht werden. Auf dem Heimweg kam ich am Souterrain vorbei, da war es längst dunkel und der Platz, auf dem ich so oft und lange dann immer auch gesessen hatte, war frei, als sei in seinem Buch für ihn nichts anderes vorgesehen. Ich unterhielt mich dort mit Wolfgang Ullrich über die Galerie als Tatort, und ihm war eine Folge von Der Alte eingefallen, in der das vorgekommen war. Und wie von allein kamen wir nach ein zwei diesbezüglich ausgetauschten Nachrichten dann auf die Möblierung der Wohnungen von Siegfried Lowitz und Horst Tappert als Kommissar Derrick zu sprechen, wie unterschiedlich die eingerichtet und vor allem unterschiedlich aufgeräumt die inszeniert worden waren. Man könnte beispielsweise einen Tumblr machen mit den Screenshots aus sämtlichen Szenen, in denen die Kommissare beim Wohnen gezeigt worden waren. Und diesen Tumblr, so Wolfgang Ullrich, dann zusätzlich bestücken mit den Abbildungen aus den historischen Versandhauskatalogen, in denen diese Möbel der Filmwohnungen angeboten worden waren. Könnte man alles machen. Man könnte noch so viel.