20.6.

Am Haus von Auguste Renoir bleiben die Läden an der Westseite den ganzen Tag über geschlossen. Am Abend, wenn es etwas kühler wird, während die Sonne hinter die Berge sinkt, hat das Museum geschlossen. Zu ihm gehört auch der abschüssige Olivenhain, die Bäume sind mehr als 120 Jahre alt. Es muss schön sein, dort auf dem Rasen unter einem der Bäume zu liegen, nachts, wenn von Weitem der Leuchtturm von Antibes seine Lichtstrahlen abschickt, aber das ist nicht gestattet; auch der Garten wird mit dem Einbruch der Dämmerung abgeschlossen. Mit dem Fernrohr kann ich aber sogar den Giebel des Bauernhofes erkennen, in dem Renoir seine Hauswirtschafter untergebracht hatte. Die Waren des täglichen Bedarfs wurden von seinen Angestellten auf seinem Stück Land hergestellt. Eine malerische Idee. Am Abend nach getaner Arbeit schlendert man durch den Olivenhain und schaut, was die Bauern dort so treiben. Wie sie buttern oder Eier in Körbe legen. Karotten aus der Erde ziehen. In Kassel, im Höhenpark, ließ eine der hessischen Fürstinnen sich ein ganzes Bauerndorf anlegen, das zu ihrer Erbauung unter ein chinesisches Motiv gestellt wurde. Weil sich aber keine Chinesen auftreiben ließen, die dort in der Mühle und in den Küchengärten auf malerische Weise ihrer angeblichen Arbeit nachzugehen bereit waren, nahm man damals kurzerhand ein paar Neger, die ja ebenfalls exotisch wirkten. Marie-Antoinette hatte angeblich auch so ein künstliches Bauerndorf, mit Schäfern und allem. Die Frühform des Bio-Supermarktes war damals in.

Ich kann es verstehen, im Renoir’schen Sinne. Wie er neige ich zu höfischem Denken. Vermutlich eine milde Ausprägung meines Strebens nach Harmonie. Kaum bin ich hier angelangt, und alles ist schön und die Sonne scheint, vermisse ich natürlich die Mume. Obwohl ich ich ja mit ihr nicht unterhalten kann, weil ich von ihrem Bulgarisch kein Wort verstehe; und vermutlich auch nur, weil ich sie gern dabei beobachten würde, wie sie mit einem Fernrohr hinüberspäht zum Garten von Auguste Renoir, wo dann gerade, also jetzt, jemand auf malerische Weise etwas Müll verbrennt. Wie ich durch mein Fernrohr erkennen kann. Die Mume selbst besitzt natürlich gar kein eigenes Exemplar. 

Abends träfen wir sie dann in der Petit Bar, wo sie, mit ihrer vom Henna karottengelb gefärbten Fingerspitzen dem Polizeipräfekten a.D. die Nüsschen aus dem Aschenbecher stibitzte, die der dort immer für die von ihm gezähmte Taube, die auf den Namen Céline hört, hintut. Und ab und an, wenn alle hinschauten, spuckte sie dort für alle hör- und sichtbar auf den Boden vor der Petit Bar aus, wie sie es sonst daheim in Frankfurt bloß von ihrem Balkon herunter wagt. 

So wäre das Reisen schön, also noch schöner, als es sonst schon ist: Es wäre himmlisch, wenn ich mit allem, an dem ich um mich herum Gefallen gefunden habe, verreisen könnte. Beziehungsweise wenn die Heimat einfach viel größer sein könnte.

Erste Innovationen im Start-up Grande Nation lassen übrigens aufhorchen: Oreo-Kekse mit Himbeerfüllung! Direkt aus dem Kühlschrank genossen, idealerweise bei offenstehender Kühlschranktüre vor dem Kühlschrank stehend, sind die ziemlich möglicherweise geeignet, den disruptiv umkämpften After-Eight-Markt zu rasieren.