21.6.

Wolfgang Welt ist gestorben. Das erfahre ich am Nachmittag aus einer SMS von Sebastian, den ich wegen einer ganz anderen, dann doch aber ähnlich gelagerten Sache angefunkt hatte. Wie es aussieht, starb er am Sonntag. Ich kann noch nicht einmal sagen, dass ich traurig bin deswegen, denn er hat etwas hinterlassen. Der beste erste Satz in der deutschen Literaturgeschichte lautet ja nicht etwa »Ilsebill salzte nach«, oder »Also, es fängt damit an, daß ich bei Fisch-Gosch in List auf Sylt stehe und ein Jever aus der Flasche trinke«, sondern meiner Meinung nach lautet der halt: »Etwa zwei Jahre nach unserer ersten Begegnung machte mir Sabine am Telefon Aussicht auf einen Fick, allerdings nicht mit ihr selber, sondern mit ihrer jüngeren Schwester«. Und so begann, beginnt, und wird weiterhin noch beginnen »Peggy Sue« von Wolfgang Welt. 

Davor, also bevor ich diese Nachricht erhielt, war ich in die Stadt gefahren, dort in das Brillengeschäft, und hatte um einen neuen Bügel gebeten. Auf die Frage hin, warum ich denn den abgefallenen Bügel nicht mitgebracht hätte, erzählte ich der Optikerin die Geschichte aus dem IC, von dem Weichspülerbenutzer, der mich geschlagen und geschüttelt hatte, woraufhin mein Brillenbügel doch erst zu Boden gefallen war in dem Waggon kurz hinter Lutherstadt Wittenberg und dass ich mich nach meiner überhasteten Flucht in den Speisewagen, wo ich überraschenderweise auf Philomene und Jan gestoßen war, nicht mehr zurückgetraut hatte in das Abteil des Verderbens, um den Bügel vom Boden zu klauben. Und dass ich auch meine Freunde nicht hatte auffordern wollen, mich zur Verstärkung zu begleiten, weil es doch Jans Geburtstag war, und ich ihm den nicht versauen wollte.

Und sie sah mich kritisch an, als ob ich ihr damit einen Bericht lieferte aus einem fremden Land, das nun, sie war aus Spanien, allmählich und unweigerlich zu ihrem werden dürfte.

Abends rief sie mich an und verkündete, ich erhielte ein komplett neues Gestell ohne Kosten. Ich konnte zuerst gar nicht glauben, dass. Dann aber doch. Und ich fand es Recht.