23.12.2018, Vierter Advent

Wenn Weihnachten alltag wäre—Charlie Brown, am Weihnachtsmorgen zu sich, noch vor seiner Berufung zum Regisseur des Weihnachtsspiels »What‘s with me? I don‘t feel it. I don‘t have this feeling for christmas«—bei mir ist es umgedreht, aber ich fände es richtig, an allen anderen Tagen im Jahr mit einem besonderen Gefühl dem Leben gegenüber umherzugeben.

The Schwarzenbach, Zarte Blüte Hass: Auf dem Erzeugermarkt herrschte nun eben genau nicht, sie hing dort zwischen den Käufern und Händlern in der Atmosphäre, ward selbst von ihnen hervorgebracht, erzeugt, als Stimmung. Die Vogelsberger Schlachterfrau zum Abschied mit dem Wechselgeld »Ich habe ihnen ein Weihnachtswörschtsche in die Tüte gelegt.«

In der Kleinmarkthalle vor dem Stande eines anderen Fleischers standen Greise milde schauend an, um sich die wie aus sehr viel Marzipan gemachten Spanferkel in Hälften durchsägen zu lassen. Der uns Nächste verlangte nach drei Hinterbeinen samt der Schwänze. Er antwortete uns, dass daheim eine Suppe draus gekocht würde. Dazu gäbe es »Reis, Kartoffeln, alles mögliche«, wahrscheinlich sogar Nudeln. Zu Weihnachtsessbräuchen befragt, antworten alle im Wir. Private Rituale. Schön!

Abends dann im Palmengarten, da regnete es noch nicht und im Nachthimmel hing hinter einem feuchten Schleier groß der volle Mond. Das Lichterfest hat natürlich auch weniger schöne Ecken zwischen schwarzen Bäumen, vom Licht der bunten Scheinwerfer herausgeschält—immer dann, wenn es figürlich wird, wäre der Garten allein, vom Mondlicht angestrahlt und von den Lichtern der Innenstadt umgeben, spektakulär genug. Aber es gibt dort eben diese eine durch die Inszenierung herausgehobene Kulisse rings um den schwarzen Spiegel eines Sees, wo an der amphitheaterhaften Rückwand die Baumgerippe in Magenta und Suspiriarot stumm leuchten, die Enten treiben still durchs Wasser wie bestellt und wenn man den Blick dann bloß um 100 Grad wendet, kommt dazu die aus ihrem Inneren heraus beleuchtete Kathedrale von Price Waterhouse Cooper mit ins Bild; ein Bild aus Mandy von Panos Cosmatos. Von hier aus, vom nahenden Ende desselben beschaut: für mich der sogenannte Der Film des Jahres.