25.3.

Ich saß in der Sonne.

Dann lange nichts.

Wie zum Lohn für all die Wochen, gewirkt aus Dunkelheit und Kälte, gab es gestern den ersten Sonnenuntergang. Er hatte sich am Vorabend schon ankündigen lassen wie eine Diva, »All right, Mr. DeMille, I’m ready for my close-up«, mit diesem gewissen laternenblauen Himmel hinter den Gaslampen, die ja demnächst vollends abgeschafft werden sollen. Bis dahin aber: Großflächig das Sterben der Farben, an einem Zinnteller gespiegelt, davor, in zunehmendem Schwarz, das Brandenburger Tor mit den vier kleinen Pferden. Ich wünschte mir blau leuchtende Displays, es war niemand zu sehen. Der Sonnenuntergang zwischen den Häusern und ich wir waren allein. Im Foyer des Gorki Theaters trifft sich eine eigene Szene. Ich kannte niemanden. Es gibt noch so viele Theater in Berlin. Im Saal des Gorki Theaters roch es nach warm gemachter Kirschmarmelade. Auf der angestrahlten Bühne war, in verbeultem Schwarz, der eiserne Vorhang zu sehen.

Ersan Mondtag, sein Mashup aus Ödipus und Antigone: Ödipus erscheint in der Gestalt von Genesis P-Orridge mit silbriger Pagenkopfperücke in einem magentafarbenen Kleid. Er lässt den Saal über die Dauer der Vorstellung hindurch mit einer Kirschnote beduften, was bei allen im Publikum für milde Gestimmtheit sorgt. Wobei es kurz vor dem langen Schluss dann doch zur Eskalation kommt, als ein Mann aus der dritten Reihe zu lachen anfängt – und nicht rechtzeitig aufhört damit. Jedenfalls nach dem Gefühl eines anderen Mannes, von hinten sehen sich die beiden auch noch ähnlich mit ihren Haarschnitten à la Foucault. Der linke weist den rechts ein paar Sitze weiter Sitzenden zurecht.

Ich habe mich schon länger gefragt, wann es zu einer MDMA-Kultur kommen wird. Donnie Darko ist einfach nur weird, wenn man noch kein Ritalin ausprobiert hat. Man versteht die Zeitdehnung sonst nicht, aber dann. Bei Apokalypse Redux wird das Britzeln des LSD spürbar. Ersan Mondtag: MDMA. Eventuell Ketamin, das ich nicht ausprobiert habe, aber von dem ich von den Usern berichtet bekommen habe: man schaut durch die Schichten der Zeit hindurch wie in ein aufgeschnittenes Croissant. So ist diese Inszenierung von Ersan Mondtag. (Und es duftet nach warmer Kirschmarmelade, ich wollte sie von der Herdplatte ziehen!)

Später dann auf dem Bahnsteig ein Mann von der Aufsicht, der um kurz vor zwei Uhr am Morgen noch die einzelnen Passanten ermahnte, bloß nicht unter freiem Himmel zu rauchen. In der S-Bahn lag auf jedem einzelnen Sitzplatz eine Werbepostkarte von Martin Schulz.