26.2.2020

Die versprochene Teelieferung aus London ist noch immer nicht eingetroffen. Heute früh sah es schon nach trüber Tasse aus, weil ich mich in den vergangenen Tagen partout nicht überwinden konnte, einen Überbrückungstee zu kaufen, wo doch die Lieferung jederzeit eintreffen soll. Da zauberte Friederike eine Blechdose hervor, in der sie einen Tee aufbewahrt, den einst ihr Vater aus Thailand mitgebracht. Behauptete auch, sie hätte ihn mir schon einmal serviert. Konnte mich nicht erinnern. Die Dose bedruckt mit der winterlichen Ansicht eines frühgotischen Stadtzentrums; nach Sonnenuntergang, alles hellbläulich verschneit, der Himmel beinahe schwarz, die Zimmer leuchten quittengelb aus den Fenstern. Dose vertraut, nie geöffnet. Tee sehr angenehm mundend. Man überbrüht eine winzige Menge mit viel Wasser, das sich tannengrün färbt. Muss mit warmer Milch verlängert werden. Schaut dann aus wie in den neunziger Jahren eine Prada-Boutique von innen. Zumal ich mir den Tee in dem pradagrün emaillierten Milchtöpfchen angerührt hatte; in dessen weissem Innenleben, die pradagrüne Flüssigkeit: von oben betrachtet!

So ergeben sich untertags die reizendsten Stillleben. Wenn die Eier still und auf das Kochen ihres Wassers wartend liegen, schon gepikst, und dann fällt der Sonnenschein durchs Fenster ein, so, dass die Eierschalen durchleuchtet werden und, wie ausgeblasen, porös erscheinen, wie sie es in Wirklichkeit auch sind. Oder die Blüten des Mandelbäumles draussen vor dem Fenster, wenn das Sonnenlicht sie anweht. Die Lichtreflexe an dem Haus im Hinterhof gegenüber. Immer das Sonnenlicht. 

Am Montag las ich «und so»  und beobachtete Friederike heimlich wie das Exemplar einer seltenen Art, bis mir einfiel, warum mir das besondere Freude bereitete. Weil es im Tageslicht war, dass ich sie vor mir hatte. Und wir uns so selten in meiner Tagwelt begegnen.