26.4.

Neulich, als die Aufnahmen von den Privaträumen Donald Trumps gepostet wurden, lag dort, auf dem größten Sofatisch der Welt natürlich der größte Bildband aller Zeiten (bei Büchern mit Text drin ist diese Kategorie schwer zu fassen, weil sich die Größe des Inhalts ja erst im Bewusstsein und danach in der Erinnerung seiner Leser dimensioniert; das größte Textbuch aller Zeiten kann also fallweise auch von seinen physischen Abmessungen her zunächst wie für die Winzlinge gemacht scheinen – aber dann): das über den Berufsboxer Muhammed Ali.

Das nahm ich hin wie selbstverständlich: Also dass ein Proll auf goldene Gardinen besteht und auf Auslegeware von Donatella Versace ist doch bekannt und sozusagen Usus. Ebenso, dass solche Leute aus eher einfachen Verhältnissen entweder ganze Bibliotheken mit Schweinsledernem kaufen (Dieter Bohlen) oder nur ein einziges Buch zum Vorzeigen besitzen, dafür gibt es ja schließlich den Taschen-Verlag. Den Rest besorgt dann im Falle Trump der Ausblick durch vergoldete Fensterrahmen: umgeben von den Häuserspitzen der teuersten Stadt der Welt, Hauptstadt der Juden. Im Vergleich dazu hat Adolf Hitler auf dem Obersalzberg ja eher bescheiden gelebt (die Interior-Strecke gibt es bekanntlich auch). Aber das war eben eine andere Zeit.

Im kleinsten Buch aller Zeiten, jedenfalls all derer, die jemals im Taschen-Verlag erschienen sind, und dort auch im schönsten, das dieses Verlagshaus jemals publiziert hat, fand ich nun die Anekdote, dass Albert Speer, der bezeugt hatte und niedergeschrieben, was an den Abenden auf dem Obersalzberg so gemacht wurde unter dem damals noch nicht existenten Hashtag workhardplayhard, wie es nun scheint, wohl ein Riesenfan gewesen war von Je t’aime…moi non plus, also diesem ultraguten Lied, dessen Dimension derart ausgreifend sich in, wie ich annehmen will, jedermanns Bewusstsein saharahaft breit gemacht hat, so dass es in Wirklichkeit niemand mehr hören will. Wie Andrew Birkin sich in dem quadratischen Begleitheft zu seinem poesiealbengroßen Bildband über die Liebe seiner Schwester Jane zu Serge Gainsbourg erinnert, konfrontierte Albert Speer nach seinen Jahrzehnten in der Spandauer Haftanstalt aber Serge Gainsbourg mit dem Wunsch, sich eine Vinylsingle von Je t’aime…moi non plus signieren zu lassen. Zum Anlass schweigt die Erinnerung, leider, aber man trifft ja heute gerade auf Partys die unterschiedlichsten Menschen unterschiedlichster Neigungen und Milieus (*Scherz, aber es war halt eine andere Zeit).

Hat also, dies nur als Fantasie, Albert Speer womöglich in den Jahren nach seiner Entlassung aus seiner Spandauer Zelle Je t’aime obsessiv gehört? Also nicht in einem Guantanamo-Sinn, unter Zwangsbeschallung, sondern ex negativo als ein Verdrängungslied seines Schuldbewusstseins? Und warum, wenn dem so gewesen sein sollte – seine Erinnerungen schweigen davon, ich habe eben noch einmal nachgesehen – ließ er sich dann den Datenträger dieses seines Schuldbewusstseinsauslöschungssoundtracks von Serge Gainsbourg, der Jude war, signieren?

Der hat ihm, auch davon zeugt dieses wunderschöne, für Taschen-Verhältnisse winzigkleine, dabei aber riesengroße Buch Jane and Serge, diesen letzten Gefallen übrigens getan. Und ich nehme mal an, also, ich will es hoffen: Donald Trump hört permanent Nina Simone.