27.6.

Schön, wenn man mehr als eine Heimat kennt. Beim Landeanflug auf Frankfurt neigte sich das Flugzeug über der Innenstadt in eine Kurve, sodass für ein paar Augenblicke dort unten die Türme sich zeigen konnten: verheißungsvoll. Bald schon würde sich dort noch ein weiterer in die Höhe schrauben. Gleich hinter meinem lieben Einkaufszentrum übrigens, dem Skyline Plaza, wird seit ein paar Wochen am allerhöchsten Hochhaus von allen gebaut. Es heißt The Tower! So viel ist schon bekannt.

Gut wäre beim Fliegen, wenn man auch unterwegs schon aussteigen könnte, aber so wurden wir auf der Fahrt vom Flughafen wieder zurück ins Zentrum, das wir ja zuvor bereits genüsslich im Fluge überquert hatten, mit lieblichen Ansichten vom sonnenbeschienenen Waldboden sowohl vor, als auch nach dem ehemals Waldstadion genannten Stadion, verwöhnt.

Nicht alle Pflanzen hatten es überlebt, andererseits waren sie auch nicht sämtlich verdorrt auf dem heimischen Balkon, sodass man dem mit dem Gießen beauftragten Nachbarn weder ein ehrliches Lob hätte aussprechen können, noch aber ihn wütend zur Rede stellen. Eine unbefriedigende, weil lauwarme Situation, die man so lauwarm wie möglich halt hinter sich bringt, ohne sich auch nur irgendwas anmerken zu lassen. Wenn auch die toten Blumentöpfe vorwurfsähnlich starren. 

Die Schwalben hier sind kleiner von ihrer Spannweite her, aber sie gaben, weil für den nächsten Tag ein großer Regen angesagt war, ähnliche Geräusche von sich, sodass der deutsche Abendhimmel dem französischen noch einmal zum Verwechseln ähnlich war. Beinahe. Denn es ist dann doch ein anderes Gefühl, wenn man von einem Hügel aus auf eine Landschaft herunterschauen kann, und von dort aus auch weit ins Land hinein bis zu den Bergen auf der einen Seite und auf der anderen zum Meer. Da stimmt vermutlich diese Theorie, dass es den Menschen über die Evolution hinweg eingeprägt wurde, dass so ein idealer Ort für eine Siedlung beschaffen ist: auf einer Anhöhe, mit Blick aufs Gewässer, umgeben vom Grün. 

Aber miteinander in einen weiten Frankfurter Innenhof hinein, mit einem freundlichen Himmel, in warmer Luft mit einem Kreisel aus Schwalben: auch gar nicht schlecht. Schön.

Wir knuspern das letzte Pfund Lupinenkerne, das sich in den Falten und Schründen der Reisetasche noch hatte verbergen lassen. Dazu einen Apfelwein vom Duttenhoferschen Apfelgut, auf dem Etikett signiert von Martina und Moritz mit ihrem Geburtstagsgruß. Es läuft eine Dokumentation über von Altersarmut bedrohte Deutsche, keine Künstler, die ihre Häuser in Deutschland verkaufen, um sich mit dem übrigen Geld noch größere und anders hässliche Häuser in Bulgarien zu kaufen, weil sie sich dort mit der schmalen Rente aus Deutschland einen ums zigfache opulenteren Lebensstil leisten wollen. Super gut gemacht, toll gefilmt, mit vielen schönen Ansichten von Schwarzmeerstrand, Dorfleben, Einkaufen an der Strandpromenade et cetera.

Auf dem Balkon der Mume eins drunter blüht es mittlerweile verhalten aus den Balkonkanistern. Als einzige Neuerung steht dort jetzt eine dicke Rolle eines Perserteppichimitates herum. Dazu ihre frisch gewaschenen Pantoffeln aus rubinrotem Samt. Schon seltsam, dass die Deutschen nach Bulgarien ziehen, um ihren Lebensabend intensiver auszuschöpfen und die Mume verlässt ihr Bulgarien, zieht hierher in die Stadt Frankfurt, vermutlich mit demselben Ziel im Sinn.