27.7.

Ich habe Muskelkater – allein der Begriff scheint mir bescheuert, denn das setzt doch voraus, dass ich zuvor eine Feier mit meinem Körper hatte, und dem ist halt nicht so. Ich mag Schwimmen nicht. Aber von daher kommt er, ich bin sogar zu schwach, um zu googeln, wie Muskelkater auf englisch heißt. Oder, bestimmt noch interessanter, auf Französisch.

Hier, auf Wordpress stehen oben im schwarzen Feld drei Befehle zur Auswahl: Inhalt, Struktur, Konfiguration – die habe ich mittlerweile jetzt derart verinnerlicht, dass ich sie gar nicht mehr wahrnehme. Ich habe vor allem noch gar nie nachgeschaut, was denn passieren würde, wenn ich mal auf Struktur tippe.

Dann war ich gestern bei der Tankstelle, um Benzin zu kaufen. Zu Fuß, was ja an sich schon etwas lächerlich ist, denn man sollte ja vorfahren, um Benzin zu kaufen (Ich weiß nicht, wie oft am Tag jemand zu Fuß auftaucht, um Benzin zu kaufen).

Und danach ging ich gegenüber an die Tankstelle für Menschen. Ich saß dort an dem langen Tisch, und nach ein paar Minuten kam eine sehr große Gruppe von Menschen, die mich fragte, ob es mich stören würde, wenn sie sich dazu setzte. Also die hatten das vor. Ich habe mich nicht getraut genau hinzusehen, weil ich den Eindruck hatte, dass die sich ohnehin beobachtet fühlten (aber es waren mindestens acht oder zehn und sie sahen sich alle ähnlich). Die Tankstelle für Menschen bietet extrem preiswerte Speisen an. Also alles, wofür es mittlerweile das Wort »herzhaft« gibt. Und der Mann, es gab auch noch einen Sohn, aber der Rest der Gruppe war weiblichen Geschlechts, trug eine Submariner und einen auffälligen Ring, sehr breit, und in der Mitte waren Brillanten eingesetzt. Mir fiel bald auf, dass die sich in einer extrem klaren Sprache unterhielten. Beinahe technisch. Und wie es mir schien: ohne Konflikthintergrund. Da existierte ein Autoritätsgefüge, das nicht hinterfragt wurde. Und es wurde mir zunehmend unwohl dabei, an diesem Tisch zu sitzen, denn mir schien das alles derart intim, dass ich wie ein ungebetener Gast mir vorkam (obwohl ich ja zuerst dort gesessen hatte). Also stellte ich die Frage, die sich mir aufgedrängt hatte: »Entschuldigung, aber sind Sie eine Familie? Sie sehen sich doch alle sehr ähnlich.«

Es gab ein kleines Kind, ein Mädchen, das mir gegenübersaß, und es aß Erdbeeren mit Schlagsahne mit einer Gabel. Alle um den Tisch nannten sie Engelchen und das wirkte kein bisschen geziert oder gekünstelt. Das war einfach der Name für dieses Kind, bis sie größer werden würde. Und der Vater sagte: »Ja, wir sind eine einzige Familie. Da sind jetzt aber auch Schwiegertöchter dabei.« Und ich sagte: »Aber selbst die sehen sich ähnlich«. Und er sagte: ja. Und ich fragte, wie sie denn angekommen waren an der Tankstelle, und er sagte: »Wir reisen in drei Autos«.

Und dann ging es um Politik und so weiter. Aber abschließend sagte seine Frau, die neben mir Platz genommen hatte: »Was glauben Sie denn, woher wir sind?«

Ich sagte:»Keine Ahnung, das interessiert mich auch nicht. Aber woher sind Sie denn?«

Und sie sagte:» Sehen Sie das nicht? Wir sind Sinti.«

Und ich sagte:»Nein, das sehe ich nicht.«

Sie sagte: »Für uns ist es auch nicht immer leicht hier, weil wir so dunkel sind.«

How beautiful you are

Nebenan gibt es einen öffentlichen Park, in dem steht eine Statue der Borussia, ich weiß gar nicht, welches Buch sie da in der Hand hält, vielleicht ist es die Verfassung, aber von der andere Hand sind alle Finger abgeschlagen. Darunter ist eine steinerne Bank, da hat jemand an die Rückwand mit Filzer geschrieben: »Jasmin ich liebe Dich.« Und spät nachts wird diese Statue so beleuchtet, dass an der Fassade meines Nachbarn eine übergroße Silhouette dieser Frauenfigur erscheint. Und dort steht eine rotlackierte Bank, auf der ich gestern saß und von der aus ich einen Kometen sah. Das geht ganz kurz, ich dachte währenddessen, als ich es bezeugte, dass ich mich getäuscht haben könnte. Derart merkwürdig war das. Seltsam.