29.1.2019

»Briefwechsel mit diversen Kollegen«: Was sich durch den neulich von der Stiftung freigeschalteten Suchapparat bei Arno Schmidt ergötzlich liest, wird wohl zukünftig eher mau bleiben. Immerhin schreibt mir Degens, dass die von uns besuchte Bar in der Barockstadt Potsdam nicht Unsichtbar geheissen hatte, sondern: Unscheinbar.  Gut, waren wir halt in der Unscheinbar. Auch heiter.

Wobei mir im Nachhinein erst so richtig klar wurde, wie dermaßen un-heiter mir dort, in Potsdam, die auch noch hinterleuchteten Plakate der Bundeszentrale für Gesundheitliche Aufklärung erschienen waren, vor, und teils auch: inmitten der heiter, weil barocken Kulisse entlang der eisigen Prachtstraßen. »Deutschland sucht den Impfpass« wirkt ja schon vom Slogan her verschleiernder, denn aufklärend. Aber dann ist dazu dann auch noch ein Jugendlichendarsteller abgebildet, der einen einhändigen Handstand macht und dabei seinen Hut aufbehält. Allein dieses Wunder entgegen der Erdanziehungskraft lenkt tüchtig ab vom Impfpass an sich, der ja gelb ist. Und warum macht der Jugendliche diesen Trick, fragt sich die Passantin—nun, es steht dort, in seinem papierfarbenen Zimmer auch eine Plastikbox mit Vinylschallplatten drin. Mit der Musik aber hat sein Verhalten anscheinend nichts zu tun, denn der im Hintergrund deutlich und scharf abgebildete Plattenspieler, ein veritabler Turntable soll es sein, trägt zwar eine der schwarzen Scheiben, aber die sogenannte Nadel des Tonträgersystems ist darauf nicht aufgesetzt. Es kann also de facto keine Musik sein im dargestellten Raum; der Musikus sucht seinen Impfpass im Stillen, handständig, und wenn man ganz viel Zeit hat, dann kommt man irgendwann schon auf die Idee, dass er in dieser Pose eventuell nach dem ihm übereigneten gelben Faltblatt suchet dergestalt, dass er es zwischen seine Plattensammlung gerutscht vermuten tut. Weitere Fragen, beispielsweise: Muß, oder sollte ich zum Auflegen meinen Impfpass immer dabeihaben et cetera könnten sich anschließen. Auf jeden Fall aber fehlt dort die Heiterkeit. Auch weil man an die Mitglieder der Gremien dort, in der Bundeszentrale für Gesundheitliche Aufklärung, sich gezwungen fühlt, zu denken, man hat sie leider schon plastisch vor sich im Kreise ihrer Berater, wie die ein solches Plakatmotiv als »stimmig« oder gar »heiter« in Auftrag geben, bezahlen, abnehmen, drucken lassen, verbreiten, aufhängen, hinterleuchten et cetera.

Von der anderen Kampagne aus diesem Hause, da geht es um sexuell übertragbare Krankheiten, und man hat sich bei diesem heiklen Thema für einen Cartoonisten in der unseligen Epigonenschaft Uli Steins entschieden, will ich sehr gerne schweigen.

Gipsköpfe klingt so altmodisch. Salzknaben werden es sein.

Vincent Klink, der heute Geburtstag hat, schreibt in seinem Tagebuch, dass er den Beruf des Koches für weit weniger anstrengend hält als den des »ernsthaften Kopfarbeiters.« Heiter ziehe ich meinen nicht vorhandenen Hut.