29.5.

Erik rief an, da lag ich gerade auf dem Steg rum, um zu fragen, ob die Inkubation nun abgeschlossen wäre. Ich sagte »Noch nicht ganz.« Abends fuhr ich dann bei bestem, lindem Frühlingswetter in die Stadt und vor der Betonkirche St. Agnes saßen artig aufgereiht eins, zwei, drei, vieleviele Blogger aus Japan mit ihren Kameras und warteten.

Fünfzehn Jahre 032c – eine Zeitschrift aus Berlin, bekannt vor allem außerhalb Deutschlands, weil sich Jörg Koch von Anfang an dafür entschieden hatte, in englischer Sprache zu publizieren. Wahrscheinlich wirkte das gestern nur so stark auf mich, weil ich ja gerade auf dem Rittergut Schnellroda gewesen war, und Götz Kubitschek vergleichbar lange schon als Kleinverleger aktiv ist.

Jörg Koch und sein »Manual for Freedom, Research and Creativity«: krasser Gegenentwurf zu Götz Kubitschek und seiner »Sezession – Right Is Right and Left Is Wrong«. Vor allem ist 032c halt wirklich radikal. Dazu sieht 032c halt auch ultra aus.

Im Eingangsbereich wurden in der Konstantin-Grcic-Vitrine die Standbilder aus Ralf Schmerbergs ultimativen Berlin Film ausgestellt, die, natürlich, überhaupt gar nicht in Berlin entstanden sind, sondern in Chandigarh und sonstwo noch. Im Heft selbst sind das dann 70 Seiten, gedruckt nach allerneuesten Methoden auf dem allerbesten Papier, das Heft selbst, am Anfang noch auf Zeitungspapier und ohne Fotos, mittlerweile seit mehr als zehn Jahren in Basler Bindung, Art Directed by Mike Meiré. Alles an 032c, um 032c und um 032c herum ist, wie Martin Fry es einst sang, »So hip, it hurts« – gewiss, aber mach das erst mal selbst, fünfzehn Jahre lang.

Und zwischen der Vitrine und dem roten Block aus Heften, der bis ins erste Stockwerk hinauf sich türmt, stand das Kind hinter der Popcornmaschine und siezte die Gäste und freute sich an seiner Aufgabe im Familienunternehmen. Während oben auf der Terrasse mit Aussicht auf den Betonkirchenturm sich die Gäste vor allem darüber unterhielten, dass es hier endlich mal andere Gäste gäbe: »anders als sonst«. Und dann ging die Sonne unter. Und der Beamer ging an. Und man schaute gemeinsam, auf den breiten Turm der Betonkirche projeziert, den Film über ein mögliches Berlin in naher Zukunft an. Textbuch: Helene Hegemann.