29.8.2019

Soso, die Milch ist also sauer geworden in ihrem Kühlschrank über Nacht, obwohl die versprochenen Nachtgewitter ausgeblieben waren? Ich nahm es heiter, als Zeichen dafür, dass sie trotzdem umher-, dass sie an uns (der Milch und mir) vorübergegangen waren, bloss halt ohne sich zu offenbaren. Sozusagen im Schleier.

In der Los Angeles Times wird berichtet, dass Kentucky Fried Chicken jetzt in einem Vorort von Atlanta das Restaurantgebäude von Rot auf Grün haben umlackieren lassen. Auch die Behälter sind jetzt mit einem grünen Farbstreifen verziert und der Colonel sagt «it’s still finger lickin’ good»—noch immer, weil die dort auf dem Testmarkt jetzt hühnerfleischfreie Chicken-Nuggets und Chicken-Wings verkaufen (aus Sojaprotein). Bestechend das Argument im Text: It’s hard to argue that actual chicken nuggets look and taste like chicken. Springy, meat-like, coated in crunch, yes. Apart from that, the bar for replicating the nugget is low.

Right on. Ich frage mich, ob sich KFC dann in the long run umbenennen wird, oder ob sich im long run der künftigen Menschheitsgeschichte der Begriff vom Huhn wird wandeln. Denkbar sind als Zwischenstufe tatsächlich Hybridformen, wie sie angeblich von der (ebenfalls US-amerikanischen) Firma Alternative Proteins entwickelt werden: dort vermehrt man die Zellen des Hühnergewebes im Labor und mischt diese dann unter die Nuggetmasse aus Mungbohnenprotein. Der Hintergrund ist, dass in den pflanzlichen Nuggets zuwenig Omega-3-Fettsäuren enthalten sind. Der Gehalt wird durch die Vermischung mit dem gezüchteten Hühnergewebe angehoben. Es geht aber zudem auch um den Geschmack des nicht nur sogenannten Produktes. Amerikaner liefern ja immer die besten Zitate ab, so auch hier der Leiter der Produktentwicklung: «Because the cells are so clean, it has more of a chicken flavor than you’d anticipate. Super clean and more forward in umami chicken depth.»

Seltsam, dass man in sich einen ausgeprägten Sinn für Trennschärfe hat bei bestimmten Dingen. Ging mir neulich schon so bei der Nachricht von den Mischwesen aus Mensch und Schwein. Vermutlich reine Gewöhnungssache. 1975 jedenfalls schrieb Peter Fischer noch im Vorwort seines Kochbuches «Mit dem Fortschritt der kapitalistischen Demokratie ist notwendig die fortschreitende Kaputtmachung des menschlichen Lebens in allen seinen Bereichen verbunden. Die Zerstörung der Psyche, die Zerstörung des Individuums ist enorm. Das schlägt natürlich auf den Magen.» 

Das Buch heisst «Schlaraffenland, nimms in die Hand!» Aber damit genug der Theorie. Ab morgen geht es um Praxis.