30.12.2018

Die letzte Ausgabe in diesem Jahr spült im Feuilleton der Sonntagszeitung gleich ein paar herrliche Geschichten herbei. Schäumend der Text von Sybille Anderl über die unverlangt ihr zugeschickten Laborberichte selbsternannter Forscher an der sogenannten Weltformel. Einer arbeitet seit längerem an einem spiralförmigen Denksystem mit dem Arbeitstitel Unser Universum, das laut Frau Anderl »mehr Fragen aufwirft, als es beantwortet. Zitiert wird daraus im Folgenden »eine einfache Alltagsanalogie:«

Sie stehen an einer Haltestelle, eine Person oder mehrere Personen steigen in einen Bus. Bei Abkühlung entsteht eine Haut, ähnlich Flott bei der Milch. Der Bus ist ein geschlossenes System, ähnlich einer Zwiebel. Der Bus fährt los. Was sehen Sie? Sie sehen nur den Bus. [Dazu die Abbildung einer Zwiebel.]

Tausende werden es nicht gleich sein dürfen, aber zumindest arbeiten auch heute und dann gleich morgen wieder hunderte Männer in Deutschland an ihren obskuren Theorien. Und nicht alle werden in den Wissenschaftsbeilagen der Zeitungen Veröffentlichung bekommen. Im Oktober erhielt ich von einem Verlag, in dem ich einmal ein Buch veröffentlicht hatte eine an die gesandte kleine Schachtel, die sechs Tonbandkassetten enthielt. Der Absender hatte um eine Weiterleitung an mich gebeten. Zusätzlich zu den Kassetten war seiner Post noch ein mehrseitiger Brief beigefügt, dessen Herstellung im Labor eines Copyshops allein einen ganzen Tag gefordert haben dürfte. In einer queckenhaft aufjagenden Handschrift, die im Original der Kopiervorlage auf den Formularblättern der Post niedergelegt ward, brachte mir dieser Philolog seine Würdigung meines Gesamtwerkes dar, dies allerdings nur anrißhaft in der Form eines Thesenpapieres (sieben Seiten), verbunden mit dem dringlichen Hinweis, die ausgearbeitete Form fände sich wiederum im Audioformat auf den beiliegenden Tonbandkassetten—wie gesagt deren sechs à neunzig Minuten. 

Fiel mir heute bei Lektüre des Zeitungstextes wieder ein, die Kassetten habe ich ja noch immer nicht angehört; das Ganze wegschmeissen mich aber andererseits auch nicht getraut. 

Paar Seiten weiter hinten im Feuilleton dann die von seiner betreuenden Redakteurin Julia Encke seit dem Jahr 2015 gesammelten Ausredeemails des Thomas Glavinic, aus welchem angeblichen Grund er seine anscheinend an jedem Freitagnachmittag fällige Kolumne nicht liefern kann oder konnte. Extrem phantasievoll und natürlich auch sehr viel besser als seine Kolumne selbst.