30.3.

Gestern las ich in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung von einer Frau in England, die einer Freundin ein Paket mit DVDs schicken wollte, vermutlich The Office, aber anscheinend hatte sich ihre Katze, die wohl Cupcake heißt, in dieses Paket mit hineingeschlichen. Jedenfalls war es dann, laut Zeitung, so, dass die Katze nach vier Tagen des Transportes innerhalb dieses Paketes wohlbehalten, wenn auch „dehydriert“ bei der Adressatin ankam. Mit den unangeknabberten DVDs.

Ich bezweifle nicht bloß, dass eine solchermaßen gemischte Sendung aus Lebendtier und Datenträger in der Zusammensetzung von, sagen wir: Hund und Datenträger oder auch Hase und Datenträger ebenso beschädigungsfrei hätte funktionieren können. Ich bezweifle doch vor alledem, dass die Empfängerin dieses zwar unfreiwillig zusammengestellten, dennoch aber kuriosen Paketes diese Nachricht in einem viktorianischen Sinne k o r r e k t entziffern konnte.

Kenner des aus dieser Epoche stammenden Standardwerkes Electro-magnetischer Liebestelegraph oder neue Zeichensprache zur Verständigung unter Liebenden und Anderen / ein Seitenstück zur Blumensprache, verlegt im Jahr 1854 zu Weimar unter dem Stichwort „Andeutungen zu einer geheimen Correspondenz unter zwei (…) Personen, bei Bern. Friedr. Voigt“, werden dieses von der Frankfurter Allgemeinen nun vorgestellte Dilemma zur Genüge, in- und auswendig sowie vor allem: kennen.
Das Verschicken einer lebenden Katze wird in diesem nicht bloß ergötzlichen, sondern vor allem auch herzerfrischenden Buch mit „Fürchte die Falschheit Deiner nächsten Umgebung!“ übersetzt.

Ganz anders, beispielsweise, als ein postalisch überreichter Amboss. Der nämlich steht dann ein für „Nie finde Trennung unter uns statt.“
Ich habe daraufhin DHL angeschrieben, und es stellte sich sozusagen heraus, dass ein Verschicken eines Ambosses vom Baumarkt nach Frankfurt am Main derart verblüffend wenig kosten täte, dass ich es sogleich tun täte, wenn es im Baumarkt hier bloß einen Amboss gäben tun würde.

In besagtem Buch hingegen finden Liebende und solche, die es werden wollen, in einem schärfstens denkbaren Gegensatz zu den Arsenalen sämtlichster Baumärkte, auch heute noch eine unerschöpfliche Schatzkammer erotisch grundierten Wissens. Beispielsweise deutet das Versenden des Buchstabens F hin auf: „Freundschaft ist nur ein kärglicher Ersatz der Liebe, die ich begehrte“. Man muss dazu auch nicht auf den Flohmarkt gehen, um ausgediente Buchstaben aus Neon oder Blech zu erwerben, denn der leider, leider unbekannt gebliebene Verfasser des Liebestelegraphen weist in seinem herzerfrischenden Vorwort unter anderem auch darauf hin, dass es im Zweifel (für den Zweifel, Anm. d. Red.) auch geschriebene, beziehungsweise geknetete, gezeichnete, skizzierte oder auch aquarellierte Liebeszeichen „tun“. Konkret meint sie oder, weniger wahrscheinlich, er, dass „die Zeichen, die wir auf den nachfolgenden Blättern angeben, eine unauflösbare Hieroglyphenschrift (sind, Anm. d. Red.), zu denen nur dieses kleine Heftchen den Schlüssel liefert. Bis dasselbe so allgemeine Verbreitung findet, wie die Blumensprache im Laufe der Jahrhunderte gefunden hat, und dadurch ebenfalls wieder in Folge der Überlebung unbrauchbar wird, dürfen viele Menschenalter vergehen. Bis dahin ist aber diese Zeichensprache das beinahe ungetheilte und geheime Eigenthum derer, für die sie ursprünglich bestimmt wurde; nicht schwer aber wird es dem, der sich durch dieses Mittel verständlich machen will, fallen, dasselbe dem erwählten Gegenstande durch irgend einen Scherz annehmbar zu machen, und ihm so den notwendigen Schlüssel in die Hände zu liefern. (…) Natürlich mußten wir dabei besondere Rücksicht auf solche Gegenstände nehmen, die leicht zu haben sind,“

AMBOS (Anm. d. Red.)

„…oder die keine besondere Aufmerksamkeit erwecken können.“

AMBOS (Anm. d. Red.)

„Die Vermehrung derselben durch andere, hier nicht aufgeführte Gegenstände wird solchen Liebenden, die sich miteinander bereits verständigt haben, nicht schwer fallen, und diese ungedruckten Zusätze, die wir in Gedanken in zahlreicher Menge voraussehen, werden dann um so größere Sicherung des Geheimnisses gewähren.“