5.12.

Ein Platz wird gebaut in der Frankfurter Innenstadt. Die Geräusche der Baumaschine dringen von weit her durch die geschlossenen Fenster. Als Abwechslung finde ich es schön, wenn es morgens mal nicht still ist draußen. Die Maschine ist, ohne aus dem Fenster zu schauen, schwer bis unmöglich vorzustellen. Die Geräusche klingen lange erst so, als ob es sich um eine Maschine handelte, die etwas Schweres, Klumpiges aus Eisen zwischen zwei aufrecht stehenden Platten aus Eisen hin- und herschüttelt wie einen Klöppel. Dann entsteht eine Pause und es rührt und röhrt nur der Motor. Es wird vollkommen still und dann werden übergangslos und kurz hintereinander eiserne Röhren, in etwa zweieinhalb Meter lang, die einen Durchmesser von 50 Zentimetern haben, eine kurze Rampe hinuntergerollt. Daraufhin noch einmal der Motor in seinem geräuschvollen Leerlauf. Und das Ausschütteln von eiserner Schmutzwäsche aus einer eisernen Tüte. Es sieht so aus, als ob rings um den Platz schwarz lackierte Poller in den Erdboden eingelassen werden. Vor einer Häuserwand steht ein Erdbohrer bereit. Außer einem kleinen Bagger ist keine weitere Maschine zu sehen.

Gestern waren im Palmengarten die Becken und Teiche dünn vereist. Da mit der Stiefelspitze vorsichtig aufdrücken und dieses langgezogene Quietschen, bevor das Eis ins schwarze Wasser bricht – die Sonne schien aus klarem Himmel, an dem der dünne Mond erschienen war. Ein Kondensstreifen führte durch sein Bild hindurch, als ob er daran aufgefädelt würde. Es gab natürlich noch so einige Kondenstreifen zu bewundern, bevor es dann dunkel wurde (übrigens weit später als in Berlin; es bleibt hier länger hell am Nachmittag, weil Süden vermutlich). Ich dachte an das I Ging, das im letzten Sommer gesagt hatte, dass der Südwesten Rettung bringen wird. Wie kann das sein?

Eine junge Frau und ein junger Mann, beide aus Russland (zumindest werden sie Russisch angesprochen von einem Fotografen mit professionell wirkender Kamera) posieren im letzten Sonnenlicht. Hier werden die Spielszenen für eine Pornogeschichte ausfgenommen. Das sieht man den Posen, das sieht man der Kleidung (vor allem seiner!) deutlich an. Der Fotograf ordnet ihr an, vor einem teils bereiftem Rosenbusch niederzuknien und eine dort im Sonnenlicht hängende Rosenblüte mit spitzen Fingern an ihr Gesicht heranzuziehen. Sie soll dort im Knien vor dem Rosenbusch die Rose zwischen die Lippen nehmen, während ihr Begleiter etwas abseits neben ihr steht und ihr die Hand tätschelnd an den Hinterkopf legt.
Denkbar, dass die Nackthandlung dann in einem der Gewächshäuser inszeniert werden würde, weil es dort drin hot and steamy zugeht, aber praktisch wird es dann doch die Behindertentoilette des Café Siesmeyer oder halt ein Hotelzimmer geworden sein, weil in den Gewächshäusern des Palmengartens herrschte sonntäglicher Publikumsverkehr comme d’habitude.

Ansonsten aber nur wenige Passanten zwischen den schönen Häusern. Komisch, dass mich die Architektur, sogar oder gerade die des Einkaufscenters hinter dem Messeturm, noch einmal ganz anders ergreift, wenn es kalt ist (und alles Lebendige entweder drin bleibt, oder erstarrt; die Nilgänse jedenfalls, die ich in einer kleinen Anlage dort sah, standen wie geschnitzt auf ihren dicken roten Beinen herum).

Früh zu Bett mit der Nachricht von Norbert Hofers Niederlage in Österreich. Endlich mal eine gute Nachricht. Mal wieder.