ALARMSTUFE GELB

Aber jetzt war es so, dass es tatsächlich diese Gelbfärbung seines Körpers war, die meinem Vater das Leben gerettet haben wird. Denn bei einer mehrstündigen Durchsuchung unter Narkose wurde dann doch ein Tumor entdeckt, der, hätte er nicht eine von seiner Galle abgehende Leitung blockiert, unbemerkt hätte weiter wachsen und womöglich ins umliegende Gewebe hätte streuen können.

In der Nacht wachte ich bald nach Mitternacht auf. Draußen rauschte der Regen, das ging bis zum Morgengrauen so weiter, und als ich um acht Uhr auf die Bahn wartete, strömte das Wasser breit über die Bahnsteigkanten als Wasserfall. 

Mittlerweile darf man offenbar selbst im Krankenhaus jederzeit Anrufe auf dem persönlichen Mobiltelephon empfangen. Das war vor ein paar Jahren noch anders. Aber so konnten wir am gestrigen Nachmittag ein sehr schönes Gespräch miteinander führen. Fachsimpelten dabei etwas über das Wundermittel Disoprivan, mit dem ich ja auch schon gezwungenermaßen meine Erfahrung hatte machen dürfen und mein Vater sagte, dass er es jetzt sehr gut verstehen könnte, warum »Michael Jackson und diese Jungs«, das zum Zeitvertreib eingenommen hatten. Man kommt halt so angenehm hypnotisch drauf und, so betonte mein Vater: es bleibt keinerlei Kater zurück von diesem Trip.

Dann schwärmte er von der mikroskopisch kleinen Sonde, die derweil tief in sein Innenleben vorgedrungen war, während er noch von der Substanz hypnotisiert gelegen hatte. Dass dort aus dem Sondenknopf des Winzlings noch eine weitere, noch feinere Spitze, die zudem noch mit einer  Kamera mitsamt Mini-Scheinwerfer ausgestattet, bis in den vom Tumor verstopften Kanal seines körpereigenen Röhrensystems vorausgeschickt ward—all dies gesteuert vom Operateur vor seinem Bildschirm, der den Apparat vermittels zweier Joysticks gesteuert hatte.

Das ist meinem Ingenieur, dem nie etwas zu schwör war, ein Vergnügen—zu recht—dass er nun selbst zum Nutznießer einer Spitze des technologischen Fortschritts wird. Obzwar der Anlaß ja alles andere als erfreulich ist.