Das rote Waldvögelein

Kurios, wie ich, wann immer es problematisch zu werden droht, mich auf mein Alter beziehe. Ich bin auch nicht mehr zwanzig, dreißig, vierzig. Und wie ich, sobald es gut geht, vor allem mein Alter vergessen kann.

In der sagenhaft spannend erzählten Geschichte der Koalitionsverhandlungen, aus den letzten Stunden, ist mir ein Satz im Gedächtnis geblieben. Er hat sich eingebrannt. Geschildert wird eine Szene, in der Angela Merkel, nachts, im sechsten Stock der CDU-Zentrale auf den Gängen umhergeht in eine rote Wolldecke gehüllt.

Ich war noch nie dort, im Konrad-Adenauer-Haus. Ich stelle mir die Wände dort auf den Gängen vor mit einem Holz verschalt wie im ICE. Das Notlicht ist an und wirft einen matten, grünlichen Schein auf diese Wände. An dem einen oder anderen Türrahmen steht ein Mann im weißen Hemd und schaut auf das blau leuchtende Viereck seines Telefones. Am Ende des Ganges ist ein Fenster, in der dunklen Scheibe spiegelt die in eine rote Wolldecke gehüllte Gestalt ihr Gesicht.

Könnte ich malen, malte ich das.