Der Hurensohn

Das Überreichen der Jahresgabe an die Mume geriet dann doch zum heimlichen Höhepunkt des Jahres, da sie selbst uns aufgetan hatte. Eine ihrer zahlreichen Töchter war zwar anwesend im Flur, doch kaum hatte ich meine Hand, die lege artis, eine mit dem Neujahrshunde (Snoopy) bedruckte Gucke präsentiert, in die Türöffnung hineingeschoben, erschien dort mit erhobenen Handflächen die Mume selbst, um uns zu begrüßen und um zu danken auch für die zahlreichen Tüten, die sie in unserem Namen seit Heiligabend überreicht bekommen hatte. Nun, da ich sie zum ersten Male vor mir stehen hatte, erkannte ich, wie klein sie war. Friederike war ihr immerhin schon einmal auf der Straße begegnet, als sie jubilierend eine Birnenkonserve herumgeschwenkt hatte. Beim Spinachi-Verkauf auf dem schönen Straßenfeste jedoch, als ich der Mume zum ersten Male in persona gegenüber stand, hatte sie vor mir auf dem Trottoir gehockt, um ihre selbstgebackenen Spinatschnecken feilzubieten.

Die Tochter beschäftigte sich mit einem Lampenschirm aus weißem Blech, der wie ein Strahlenkranz geformt war und einen kultischen Eindruck bei mir hinterlassen sollte. Indes erzählte uns die Mume einige Schwänke aus ihrem gewisslich bewegten Leben. Wir verstanden kein Wort, da sie ausschließlich die bulgarische Sprache verwendete. Wir kündigten unsere große Expedition in die Rhodopen an, was bei Mume wie Tochter zu aufblitzenden Blicken führte. Zum Abschied zeigte die Mume mehrfach auf sich selbst und empfahl sich uns als баба. Rührend. Wir nahmen an, sie hatte uns adoptiert.