Herr Mohn

Ursprünglich wollte ich nur diese eine Stelle wiederfinden, aber dann las ich mich gestern wie es heißt fest in Abfall Für Alle, und nachdem ich bemerkt hatte, das so schon einige Stunden an mir vorübergezogen waren, gab ich mich dem Werk hin und las es also gestern noch einmal komplett. Mit Gewinn, weil man ja jetzt bequem alle im Text erwähnten Namen und Fremdtexte googeln kann. Das vertieft die Lektüre oder erweitert sie (je nachdem, wie man als Leser den hinter den Seiten gelegenen Textraum sich vorstellt.) Fraglich, ob Rainald Goetz heute diesbezüglich Verknüpfungen einsetzen würde an solchen Stellen. Das wäre, auch das dokumentiert sein Text ja ausführlich, im Jahr 1998 aufgrund der technischen Entwicklung noch kaum möglich gewesen.  Und gestern saß ich unter dem Kastanienbaum und googelte ohne Snafu oder Modem und Kabel, einfach so, im Hypertextuellen Raum herum. Der freilich zu Teilen auch ein paratextueller war.

In Berlin hat man ja früher gern den Taxifahrer gefragt, wenn man etwas wissen wollte über das alltägliche Leben. Mittlerweile sind für mich Spätibetreiber die bessere Adresse. Haben sie doch, wie der Maler Jörg Immendorf das für sich einfordern wollte »Stets die volle Palette des Lebens vor sich.« Zumindest größtenteils. Und, das ist ja das schönste, auf gar keinen Fall repräsentativ. Ich frage mich immer, warum die keine einzige der Zeitungen lesen, die sie im Ständer feilbieten. Den ganzen Tag wird geskyped oder Serien auf dem Telefon angeguckt. Als ich heute früh hereinkam, sagte der Mann in Moabit, dessen Namen ich nicht weiß »Du Armer!« zu mir, damit bezog er sich auf mein T-Shirt, das mit dem Zeitungskopf der Frankfurter Allgemeinen bedruckt ist. 

Ich fragte, warum. Er sagte: »Mußt Du Geschenke anziehen.« 

Ich erklärte ihm, dass es sich mitnichten um ein Werbegeschenk handelte, sondern um ein von mir eigens in Auftrag gegebenes T-Shirt. Weil ich ein Fanboy dieser Zeitung bin. 

Verstand er nicht. Kann ich verstehen.