HUCH, EIGENTLICH HOPPLA

Wie plötzlich war es jetzt so, als ob die Blattfärbung eingetreten war wie über Nacht und in vollem Ornat. War das gestern, war es nicht vorgestern erst noch so gewesen, dass ich durch das grünste Laub zwischen den Haltestellen von Grunewald und Nikolassee bis nach Wannsee gefahren ward?

Plötzlich wird es bunt. So wie in dem Puzzle, das wir Zuhause einst hatten, wo aus den craziest bunten Herbstwäldern, Laub was the game, das sogenannte Schloß von Neuschwanstein aufragte, sich reckte, in blühendem Weiß.

Der Wetterdienst sagt, es wird zum Wochenende hin noch einmal richtig nachsommerlich werden. Ich darf annehmen, dass kein Polizist unseren fun stören wird (A. Schmidt).

Gibt es denn gar nichts, was Dir die Freude noch trüben könnte?

Nö, wüsste nichts. Mal schauen: Nein, ich finde nichts.

In meinem Herzen, oder so.

Klar, das mit dem Dogen von Moabit ist schon betrüblich, aber es läuft sowieso.

Man hatte mich vor ihm gewarnt. Und das beileibe nicht ohne Grund. Die Rede war von einem Verbrecher. Aber wenn man lange genug in Berlin lebt, von wem heißt es das nicht? Außerdem hatte Rainald Goetz ihn in die Literaturgeschichte eingeschrieben.

Mit seinem Klarnamen, also nicht mit seinem Stasi-Kürzel, dem eines obskur gewordenen Schriftstellers, das er mir gleich am nächsten Abend in der Paris Bar verriet, nicht ohne hinzuzufügen: Wenn Du jemals über mich schreibst, schlag‘ ich Dir die Fresse ein. 

‚Nough said. Das kümmert mich ja bekanntlich nicht: physische Beeinträchtigungen. Einmal kannte ich einen, der zum Multimillionär geworden war durch eine schwierige Erbschaft, weil seine Eltern das Aufstellen von Glückspielautomaten der Sorte Monarch gepachtet hatten für die gesamte BRD. Er sich aber als steinreicher Hippie verstehen wollte, und sich deshalb zu einem Buddhisten mit Goldrand gemacht hatte. Der hatte mir dasselbe angedroht wie neulich erst die Kanaille.

Jetzt hat er, nachdem er seine ständig sich ausdünnende Belegschaft erst nach Neujahr durch eine offenbar ihn selbst überraschende Insolvenz getrieben hatte, alle entlassen, um seiner Mannschaft kurz darauf zu verkünden, dass er noch vor der Drucklegung des aktuellen Heftes einen neuen Job würde antreten in Russland, wo er als Vorstand einer Gruppe von Luxusmodehäusern gebraucht würde. 

Das sinkt freilich ein. Ich gab es dann auf, ihn an einen Kodex zu erinnern, den er niemals verinnerlichen konnte. 

Außerdem war ich noch immer beschäftigt mit der Übersetzung von Bowie und Balthus. Da gibt es mit jeder zweiten Replik diese Aussagen, die mir märchenhafte Welten aufschließen, ganz vergleichbar mit den Waldbildern jetzt, durch die Fensterscheiben der S-Bahn betrachtet: Etwa wenn Balthus plötzlich sagt, dass es sich für die Maler, deren Namen er nicht mehr weiß, durchaus lohnen könnte, sich mit den abgesehenen Formen zu beschäftigen, um die zum Hervortreten zu bringen »weil das ist lohnend. Im Gegensatz zur Beschäftigung mit der Kommunikation und all dem, das halte ich für eine Energieverschwendung«. Und alle drei Minuten vergesse ich, dass es David Bowie war, zu dem er sprach. Und kurz darauf geht es um seine Begegnungen mit Mishima, er kannte Braque und Giacometti persönlich und es geht dann immer so weiter und immer so fort, es ist ist dabei ein historisches Dokument entstanden; man kann es interessanterweise nirgendwo mehr kaufen, und  Bowie, der die Zeitschrift besessen hatte, ist tot. Ich habe die Rechte freundlicherweise erhalten von den Erben von Balthus, es geht um fünfzig Buchseiten, aber Bernd will mit mir streiten über die Kosten für das Papier. Na ja, well, wie beide das allzu oft, mir aber noch nicht genug sagen, so ist das halt alles geworden. Ich habe jetzt ja einen wahrhaftigen Verleger. Und wenn alle Stricke reißen sollten, gehe ich halt mit allem, was ich in mir trage, zu ihm.

An dieser Stelle von mir ein Hallo! an die Entwickler bei Apple: Am Zufällig-Modus von iTunes muß bitte noch schwerst gefeilt werden. Weil der ist mir noch immer zu vorhersehbar.

Und nebenher: Morrisey singt Moonriver echt richtig schlecht.