Sankt Martin

Death of a diva: Der Kirschenbaum entledigt sich seiner letzten Blätter auf eine denkbar theatralische Weise. Ein Melodrama. Ich schaue ihm vom hinter den Scheiben dabei zu und es läuft Michelle Gurevich.

»I am a party girl. Look at me. I’m a natural.«

So ähnlich habe ich mir den Striptease-Akt vorgestellt, von dem Charles Aznavour singt, den damals, einst, Roberto Ohrt zu später Stunde. Am Ende steh’ ich völlig nackt. Es ist für mich entsetzlich lange her.

Heute teile ich meinen roten Mantel für all die, die nach dem Wissen von den Makkaroni dürsten.

Beispielsweise war ich einst, es ist noch nicht so lange her, zu Gast bei einem Greis, der wohnte Rive Gauche und gegenüber war das Grand Palais. Das konnte man von seinen Fenstern aus sehen, auch die Brücke davor. Es war um die Mittagsstunde, damals regnete es nicht. Ein in weißer Kellnerjacke auftretender Kellner hatte ein Büffet für zehn bis zwölf Skifahrer aufgebaut, wir, der Greis und ich, waren alleine zu zweit.

Der Greis, sein Name war Hubert, und er ist mittlerweile tot, hatte nach dem Ende des Weltkrieges eine Rezeptur für eine Gesichtscreme erfunden. Er war weder Chemiker noch Apotheker. »Der Kreative macht, was er kann. Das Genie, was von ihm verlangt wird.« Aus der Rezeptur war in den siebziger und sechziger Jahren ein Riesenunternehmen der Kosmetikindustrie gewachsen. Der Greis war unermesslich reich.

Von dem Büffet rührte er kaum eine der Schüsseln an. In einer winzigen Pfanne lag eine Schnecke aus Makkaroni, die zu einer den gesamten Boden des Pfännchens bedeckenden Spirale eingelegt worden waren. Dann in Butter gebraten und mit ein paar Flocken Butter bestreut. Der Nudelkuchen ließ sich, nun da die gartenschlauchhaft sich gebärdenden Makkaroni niedergehalten sich fanden, in Viertel zerteilen und somit leicht essen.

Schmeckte einfach nur wunderbar.

»Das hat er für mich erfunden«, rief der Greis von seinem Aussichtsplatz nahe der Fenster. Der Kellner der D’Ornanos verneigte sich still.