Sonntag

Nebelkrähen nehmen ein Sonnenbad. Dazu legen sie sich auf einer Lichtung flach hin wie Hühner und breiten die Flügel über den Rasen. Der Schnabel sperrt. Vermutlich dient das der Kühlung.

Im Supermarkt ein neues Fabrikat von Hühnereiern entdeckt: Der Anbieter Spitz & Bube verspricht »Von Legehennen ohne gekürzten Schnabel/ Aufzucht der männlichen Küken/ nur echt mit cremefarbener Schale.« Die Eierschalen sind tatsächlich ecru, was in dem puderblauen, in ein mauve tendierenden Karton schön zur Geltung kommt. Auf dem Etikett des Kartons wird behauptet, die Schalenfarbe wird von den Hühnern der Rasse Sandy erzeugt »Unsere Sandys sind besonders robust und vital und neigen weniger zu Verhaltensauffälligkeiten wie z.B. dem gegenseitigen Bepicken.«

Ein optimiertes Legehuhn also, duldsam. Ob ihm der Farbton für seine Eierschalen gleichsam mit programmiert wurde? Frank Schirrmacher hat mir im Herbst 2001 am sogenannten Rande der Frankfurter Buchmesse erklärt, wie ich mir, gentechnologisch gesehen, die Zukunft vorstellen muß: Seiner Meinung nach würde es bald eine Art Schreibmaschine geben, auf der die Eltern die Charaktereigenschaften ihrer künftigen Kinder eintippen könnten. Da ist ihm vielleicht die Fantasie durchgegangen, oder er hat etwas aus seiner beruflichen Erfahrungswelt auf die Wunschliste für wissenschaftliche Durchbrüche projiziert. Andererseits, im Angesicht der mit genetischem Warenzeichen verfärbten Eierschalen der Sandys: Vielleicht lassen sich bald auch schon Bratwürste aus fair produziertem Fleisch dadurch kenntlich machen, dass diese Würste lavendelgrau schimmern. Weil die Schweinerasse, aus der diese Würste hergestellt wurden, ein blaßlila Fleisch haben wird. Blut muß ja nicht zwangsläufig rot sein. Das weiß man von den Käfern.

Weniger angetan, direkt schnöd fand ich die neueste Errungenschaft der Lebensmittelchemie. Im selben Markt wurde nämlich Ahoj Brause in Dosen feilgeboten. Meine freilich durch Katharina Thalbach induzierte Vorfreude wurde durch das Tasting fundamental enttäuscht. Der Waldmeistergeschmack, eine beim zugrundeliegenden Original durch sämtliche Darreichungsformen—Pulver, Brocken, Stäbchen—erfrischende Köstlichkeit, schmeckt plump und zäh. Dazu kommt, dass die angebliche Brause nicht sprudelt, sondern blubbert.

Wie es unter Wienern hieße: ungustiös.