Tempat Wudhu

Auch Indonesier halten also Ramadan. Das wurde mir erst bewußt, als ich zum Mittagessen in das am kleinen Park gelegene Restaurant mit dem kuriosen Namen Nusantara eingekehrt war. Absichtlich war ich aus dem Grunde nicht, wie sonst oft, in die Huttenstraße zum Al Reda gegangen, weil ich mich unbehaglich fühlen müßte, wenn ich da im Angesicht der Fastenden, die mich bedienen, äße. Dann aber bemerkte ich die überall und kreuz und quer durch den schattigen Innenraum des Nusantara geklebten Zettel, auf denen selbstgemalte Pfeile in Richtung eines ominösen Tempat Wudhu wiesen. Den Pfeilen folgend hinter der Tür der Herrentoilette angelangt, klebten dort die Hinweisschilder dicht an dicht und führten mich bis an die Wand zum Innenhof, wo, um eine Ecke herum vor Einblick geschützt ein niedrig angebrachtes Waschbecken, ungefähr auf Höhe meiner Kniescheiben hing es da, den Zielpunkt all der vielen Pfeile bedeutete. Rings um das Becken waren nun noch weitere Zettel angebracht, auf denen nur einmal noch das Zauberwort Tempat Wudhu geschrieben stand. Aber auf den anderen: »No Toilet!« und »Please Don‘t Use«. Auf einem Schemel türmten sich Gästehandtücher in bunten Farben. Das war also ein Platz, eigens für die rituellen Waschungen der muslimischen Gäste eingerichtet und reserviert. Auf den Spülkästen der Toiletten verteilt standen kleine Gießkannen aus Plastik. Ein Brauch aus tropischen Gefilden. Auf dem Tresen gab es neben einer roten Holzskulptur zweier schöpfenden Hände eine Lautsprecherbox, deren Membran von einem bläulich pulsierenden Leuchtring eingefasst war.

Heute früh las ich bei Thor Hanson vom einzigen Vogel, der geigen kann. Musste ich sofort ergoogeln (den Sound). Im Gegensatz zu Tempat Wudhu. Da ließ ich meine Fantasie so lange wie auch nur möglich walten. (Keats)