25.03.

Wie immer wird es erst am Ende so richtig gut. Der letzte Tag geht mit Besuchen bei der menschenleeren Post (der Mann hinter dem Tresen ist erst unwillig und verkauft mir dann doch ein paar Briefmarken. Es würde mich allerdings wundern, wenn die Karte, die ich in den leeren Briefkasten für die Übersee-Korrespondenz geworfen habe, jemals ankäme) und im Nationalmuseum (eine eher unterwältigende, weil verstaubte und vergilbte Angelegenheit) vorüber.

Am Abend zeigt Jakob, ein Berliner Regisseur mit Wohnsitz Tunis, seinen Dokumentarfilm über den Kameruner Paul und dessen Weg übers Mittelmeer bis nach Europa. Eine Szene spielt am marokkanisch-spanischen Grenzzaun in Melilla. Als die Afrikaner den Zaun stürmen und die, die es nicht schnell genug hinüberschaffen, von der Polizei wieder heruntergeprügelt werden, lachen die Nigerianer. Es ist nicht ganz klar, ob aus Mit- oder Schadenfreude. (Später wird sich herausstellen, dass es wohl eher ersteres war. Sie zeigen sich sehr angetan vom Film.)

Kathrin lernt Tom kennen, einen jungen Fotografen. In seinem Riesenauto fahren wir ins Stadium Hotel, einen heruntergekommenen modernistischen Bau. Es handelt sich weniger um ein Hotel als um einen offenen Innenhof, um den herum Tische gruppiert sind, durch ein Gitter gibt es Bier zu kaufen. Ein sehr schön altmodischer Ort. Auf der Bühne spielt eine Band I just called to say I love you, die Trompeten klingen lustig verstimmt.

Es sind mehr Musiker da als Gäste, ein alter Mann tanzt selbstvergessen vor sich hin, eine dicke Frau gesellt sich zu ihm und die Probleme, die sie beim Laufen zu haben schien, sind auf der Tanzfläche plötzlich verschwunden. Zwischendrin fällt der Strom aus, die Band spielt ungerührt weiter - was Tom in seiner Meinung bestärkt, dass das hier echte Musik ist und nicht der Autotune-satte Afrobeats-Sound, der im Radio läuft und den ich so liebe. Ich mache mich ein bisschen über sein antikes Kunstverständnis lustig.

Wir brechen auf und fahren stundenlang ziellos durch die Stadt und über die Brücken, die die Insel mit dem Festland verbinden. Auf dem Wasser glitzern die hell erleuchteten Ölplattformen. Die Straßen sind wie ausgestorben, nur der Müll des Tages erinnert an die Menschenmassen und das Chaos, das hier tagsüber herrscht. Rund um den Jankara-Markt liegen Dutzende Schlafende auf dem Gehweg, manche unter Moskitonetzen. Tom zeigt uns, wo alle sind, die noch wach sind. Obalende in unmittelbarer Nähe der Polizeibaracken ist das Rotlichtviertel von Lagos, auf der Straße drängeln sich Biertrinker, Kiffer und Prostituierte. Durch die heruntergelassenen Scheiben des Autos weht der heiße Wind herein, am Himmel liegt der Halbmond auf dem Rücken.