Tav Falco & Panther Burns

Portrait
zuerst erschienen im Mai 1987 in Spex Nr. 5, S. 32-35
... und wenn ich GANZ ehrlich sein soll, erinnert der Mann mich an meinen Vater, an seine liebenswerte ehrlich empfundene Begeisterung für Gesetzeslücken und Falschparken, die bei Tav Falco „Red Headed Woman", „Bad Motorcycle" oder „Train Kept A-Rolling" heißen. Dabei ist mein Vater ein Mensch ohne Arg und Falsch und Tav Falco wirbt für sein Schaffen mit Künstlerworkshops, die dem Geist des frühen Andy Warhol verpflichtet sein sollen, während sein Trap-Drums-Faktotum Ross Johnson (wenn er nicht gerade auf Alex-Chilton-Bootlegs trommelt) für College-Zeitungen schreibt. Trotzdem hat Tav Falco etwas erreicht, das den meisten Menschen verwehrt bleibt:

Russen-Bill tauchte eines Tages auf. Er hatte alle Merkmale eines Revolverhelden aus dem Heftchenroman. Trotzdem war er etwas ungewöhnlich für einen Banditen. Erstaunlich gut kannte er sich in Geschichte, Literatur und Wissenschaft aus. Manchmal, wenn ihn der Alkohol weich machte, zitierte er C.G.Jung.

Einige Monate nachdem man ihn wegen Pferdediebstahls gelyncht hatte, erhielt der Bürgermeister einen Brief vom Generalkonsulat der Vereinigten Staaten in Sankt Petersburg, in dem man um Auskunft über einen gewissen Leutnant Wilhelm Tattenbaum von den Weißen Husaren bat. Die Mutter des vermißten Offiziers, Gräfin Telfrin, eine Hofdame am Hofe des Zaren, machte sich große Sorgen um ihren Sohn und wäre darum auch für jede Nachricht dankbar.

(Aus einer von Walter Noble Burns‘ zweifelhaften Tombstone-Anekdoten)

Warum nicht die Geschichte mit 
so einem Gedicht anfangen lassen? 
Wir freuen uns besonders, in diesem
 Heft einen Mann begrüßen zu dürfen, dessen Stimme wie der baumwollflusen-schwangere Luftzug vom nahen Mississippiufer, dessen Platten die Saite zum Nachklingen bringen, die immer erklingen, wenn eine einsame Gestalt eine in greller Sonne liegende Staubstraße hinuntergeht, um sich die Füße im Matsch zu kühlen, dessen Name Gustav Nelson ist, der sich Tav Falco nennt, und den manche Menschen für einen etwas eigentümlichen Zeitgenossen halten.

Einige behaupten, er sei ein New Yorker Kunstlehrer, der wegen Gouachenraub aus dem Lehrkörper verstoßen wurde, andere wissen, daß er ein Psychiater mit in Fachkreisen  berühmter Irrenkunst-Sammlung war, bis sich herausstellte, daß er nur auf Dentist gelernt  hatte. Daraufhin (aus Rache) verlegte er sich auf die Spielart des Rock’n’Roll, bei der vielen Menschen die Zähne ausfallen. Auch darin ist er so echt, daß ihn die Mehrheit für fünfundzwanzig hält. Dabei hat er vier Töchter, die alle älter sind, als die unschuldigen Mädchen, die er in seiner Backing Band singen läßt. Seine Bedeutung darf nicht unterschätzt werden, denn sonst fährt er einen mit seinem alten, schwarzen Auto tot. Nachdem soweit alles klar ist, können wir wohl mitdiesem hingerotzten Wegweiser durch die Begriffswelt des Mannes in medias res gehen.

Zuerst: Places

Der erste Platz ist Pat’s Pizza in Memphis. Pat’s Pizza öffnet um sechs Uhr abends und schließt um sechs Uhr morgens, was für Memphis sehr ungewöhnlich ist. Seit 1947 (!) wird dieser Place bewirtschaftet von Pat und seiner Kellnerin, die die meisten für seine Frau halten. Ursprünglich lag Pat’s Pizza weit vor den Toren der Stadt, aber mit der Zeit ist das Zeug um sie rumgewuchert. Man kann sich jederzeit erzählen lassen, wie Elvis und Jerry Lee mit ihren Motorrädern rausfuhren, um sich einen netten Abend zu machen. Jerry Lee ließen sie lieber draußen, wg. Ärger. Heute treffen sich hier die Hellcats, von denen wir noch hören werden.

Der zweite Platz ist Panther Burns. Noch einmal hören wir eine Geschichte, die so alt ist wie das Märchen von der Lorelei. Eine kleine Gemeinde wurde einst von einem Panther heimgesucht, der im Busch brüllte und die Hühner riß. Alle Versuche, ihn zur Strecke zu bringen, blieben erfolglos. Eines Tages aber schafften es die Treiber, das Vieh in ein dichtes Gestrüpp zu scheuchen, wo es sich verfing. Daraufhin setzten sie das Unterholz mitsamt Panther in Brand. Dieser jaulte und brüllte aber so laut und so lange, daß selbst die Hartgesottensten nur noch ‚O je‘ sagen konnten und sich mit Grausen die Ohren zuhielten. Seither nennt sich dieses Plätzchen „Panther Burns“.

Dies, erkannte Tav Falco, passe genau auf die Art Rock’n’Roll, die ihm vorschwebe, und die Band hatte einen Namen.

„Es ist wohl nicht zu übersehen, daß Panther Burns sich sehr stark an Lokalitäten orientieren… Sugar Ditch (Platz drei), Magnolia Curtain (Platz vier), Shake Rag (Platz fünf). Shake Rag, wo die letzte EP aufgenommen wurde, ist so ein Laden, nördlich von Memphis entlang des Mississippi in den Wäldern, wo sich an Wochenenden die Outlaw-Motorradclubs treffen, sammeln, zusammen rumhängen. Mir gefällt es da, weil diese Leute sich nirgendwo friedlich treffen können, wo sie irgend jemand sehen kann, wo die Polizei sie sehen kann, weil Leute hinkommen und sie provozieren und Streit anfangen. Heule spielt sich das in Amerika ganz im Verborgenen ab, früher, in den Sechzigern noch, sprang es einem ins Auge, man konnte hundert von ihnen zusammen auf der Straße sehen. Wenn ich also nach Shake Rag gehe, ist es fast so, als stünde man außerhalb jeder sozialen  Kontrolle, sozialer Unterdrückung, wie manche vielleicht sagen würden, abgesehen von dem Codex, nach dem die Leute dort leben, ihrer eigenen Gesellschaftsform. Die äußere Welt, die anderen 99 Prozent, kommt nicht nach Shake Rag. Aber dies alles ist sehr unschuldig, und sie würden sich nicht die Mühe machen, in solchen Kategorien von sich zu denken. Sie gehen da hin, weil sie da hin gehen können. Außerdem ist es da sehr nett, idyllisch, wie in einem Schäferstück…“

Sodann: Bad Motorcycle

Natürlich stellt sich die Frage, was will der Mann da, außer pastoraler Idylle: über Motorräder plaudern. „Unser Motorradclub! In der Tat haben wir die Schablone mit unserem ‘Panther Burns‘-Motorcycle-Club-Emblem dabei, von der wir Gebrauch machen, wann immer es sich anbietet, Panther Burns Memphis MC. Gerade beginnen wir damit, Zweigniederlassungen des Panther Burns MC weltweit aufzubauen. Es gibt Leute in Los Angeles, London, Memphis, New York, die sich ein Bein ausreißen, um Mitglieder des Clubs zu werden. Langsam müssen wir uns eine ordentliche Satzung geben… allen das Emblem zuschicken… und überhaupt, sichergehen, daß jeder ein ordentliches Motorrad hat, oder mehrere… Das ist die Freiluftseite von Panther Burns, wo wir uns erholen, uns zusammenrotten und zusammen fahren: people that ride logerher will stay together! Wie lange haben wir uns schon mit dem Gedanken getragen, den Club zu gründen. Wir haben uns noch nicht entschieden, was genau unsere Philosophie sein wird, aber auf jeden Fall wünschen wir uns einen Club, der sich für die Mitglied er auf vielen verschiedenen Bereichen auszahlt. Die reine Heiterkeit des Motorradfahrens, Kameradschaft, besondere Veranstaltungen, vielleicht Kunstaktionen und Musik…

Ich habe mich mit einigen der Outlaw-Motorradclubs befaßt, die sich in Amerika nach dem II. Weltkrieg gründeten. Damals gab es eine Periode des Aufatmens und Feierns, die Leute frohlockten mit ihrem Staat, sie ließen die Sau raus, kamen zurück aus dem Krieg und begegneten wieder ihrem eigenen Land… Jazz kochte über, früher Rock’n’Roll, Jump Blues, Hard Bop… Jack Kerouac hat beschrieben, was sich damals auf Amerikas Straßen abspielte, Allen Ginsberg sprach von ‚angel headed motorcycles‘. Mit einigen der Clubs, wie den ‚Galloping Gooses‘, ‚Satin Slaves‘, ‚Jokers‘ oder den ‚Booze Fighlers‘ habe ich mich näher beschäftigt. All diese Clubs schössen plötzlich aus dem Boden, besonders im amerikanischen Westen. Die ganzen jungen Soldaten waren einfach überwältigt von dem Genuß an der amerikanischen Maschine. Ich denke, das ist dem vollkommenen irdischen Glück vergleichbar, in einer Band zu spielen, dieses intensive Gefühl der Heiterkeit und Befreiung… und Motorradfahren ist dem Rock’n’Roll, den wir spielen wollen, sehr verwandt, es ist derselbe Energieschub, den wir empfinden, wenn wir bestimmte Stücke spielen… ich bin ja nicht der erste, der darauf kommt.

Aber wir versuchen nicht, uns einem stereotypen Bild dessen, was ein Motorradfahrer zu sein hat, zu unterwerfen. Ich liebe diesen Film ‚The Wild Ones‘ sehr, es begeistert mich, soviel Unschuld in einem Charakter zu finden, der doch als böse veranlagt ist… und sie waren ja auch bösartig, aber das geht immer mit einer eigenartigen Unschuld Hand in Hand. Das ist es auch, was mich an der Musik interessiert, an frühem Rock’n’Roll, das Zusammenspiel von Bewußtheit und Naivität, Erwachen und Unschuld. Leute wie Bobby Beausoleil und die Manson Family, das ist dieses Element in seiner krankesten, dunkelsten, schwärzesten Ausprägung… und nicht unbedingt das, was uns vorschwebt, das zu verherrlichen, hm, der Panther Burns Motorcycle Club wird versuchen, die goldenen Seiten des Motorradfahrens zu feiern.“

Darausfolgend: Unschuld

Sind Sie also ein Sammler von Unschuld, Gustav Nelson? „Ja, ich denke schon, da ist was dran. Laß‘ uns für eine Sekunde hier in der Platte nachsehen. Ja, in vielem spiegelt sich hier die heitere Seite des Lebens, aber ich habe hier auch ein paar recht düstere Sachen dazwischen. ‘The World We Knew‘ (Ein Sinatra - Circuit - Schmachtfetzen, den sie spielen wie den wimmernden Soundtrack, der alte Jungfern zum Autofriedhof begleitet) ist irgendwie unheimlich, weil wir in die Vergangenheit langen, wie Panther Burns es immer tun. Bestandteil dessen, was wir tun, ist, diese Formen, die an der Schwelle der Vergessenheit stehen, zurückzugewinnen, musikalisch oder sonstwie, anstatt sie einfach wieder aufzukochen. Wir sind das fehlende Glied zwischen diesen Formen und der Welt, die wir heute kennen.

‚Doubtful Of Your Love‘ (ein Stück von Benny Joy, jenem begnadeten Rocker, über den das unregelmäßig erscheinende New Yorker Magazin ‚Kicks‘ regelmäßige Special-Stories veröffentlicht) ist so tief, so tief wie ich nur in die Wasser des Unbewußten eintauchen kann, diese düste-[34] ren Wasser, die Panther Burns gerne aufwühlen. All dieses Material ist auf den ersten Blick sehr naiv, die Lyrics sind einfach, die Art Empfindungen, die oberflächlich, offensichtlich erscheinen, aber uns scheint, daß den Lyrics, die wir hier ausgesucht haben, eine besondere Poesie eigen ist, und was sie so wichtig macht, ist, daß sie mit einem besonderen emotionalen Gehalt aufgeladen sind, der es uns ermöglicht, direkt ins Unbewußte einzudringen.

Wir haben diese Voodoo-Songs und Voodoo-Praktiken, die dumm und unsinnig sind, weil die Worte nur Köder sind, mit denen man sich das Unterbewußtsein erschließt, Menschen tief innen trifft. Wir versuchen gar nicht, ein großes episches Statement durch unsere Songauswahl oder durch die Sachen, die wir selbst schreiben, abzugeben: Wir halten uns an Stomp Blues und Rock’n’Roll und sture Lyrics, aber wir laden sie mit einer Bedeutung auf, die den Leuten vielleicht eine Woche später nachhängt und bewußt wird, tief innen werden sie den Abraum des Panther-Burns-Erlebnisses mit sich schleppen. Es wird ihnen zentnerschwer in den Kleidern hangen, ohne daß sie sich dessen bewußt sind.“

Dies definierend: Zeit

„Diese Aufnahmen, das, was festgehalten wurde, sind das Wichtigste. Sie sind unsere einzige Verbindung mit der Vergangenheit, und Vergangenheit bestimmt Panther Burns. Alles andere steht uns heute zur Verfügung, wir wissen, was kommen wird, die Zukunft kommt auf uns zu, ohne daß man sich den Kopf darüber zerbricht - sie wird stattfinden. Aber Vergangenheit ist das, was uns gerade durch die Finger geronnen ist, zerfallen, und damit offen für alle Arten der Interpretation. Über das, was letzte Nacht war, werden wir uns nie wieder so klar sein können, weil es nur noch damals existiert, nur in unseren Gedanken fortlebt, eine Realilät, die sich ständig verändert, weil es in der Vergangenheit verschwimmt, vieldeutiger, subjektiver wird. Das ist die Front, an der wir kämpfen: was dort hinten liegt, denn was heute ist, wissen wir nur, weil wir wissen, was in den letzten zwanzig Jahren war. Es gibt kein Erwachen aus der Schwärze, selbst als Baby lebt man mit Fetzen des kollektiven Unbewußten, mit den Erinnerungen vergangener Jahrhunderte.

Was unsere Philosophie angeht, hat sich bei Panther Burns wohl über die Jahre wenig verändert. Man fragt uns, wie wir uns entwickeln, in welcher Phase wir augenblicklich sind, aber ich möchte sagen, wir sind beständig, wir haben uns 1979 in Marsch gesetzt und arbeilen seither in der gleichen Weise. Ästhetisch waren wir schon ausgereift, ehe wir überhaupt an die Band dachten, und jeder brachte sein festgefügtes Empfinden mit in die Band. Unsere Musik wird etwas griffiger, dann wieder etwas schlampiger, macht einige Zugeständnisse, aber die Essenz ist seit den ersten Tagen unverändert. Wiez. B.Charly Feathers, seine Sichtweise hat sich seit 1949 nicht verändert, seit er seine erste Sun-Platte machte… was nicht heißen soll, daß dies notwendigerweise das Rezept für kommerziellen Erfolg wäre. Ahem, damit keine Mißverständnisse auf kommen: Wir wollen gefallen, wir wollen lebensfähig sein, wir haben noch soviel vor, was wir nicht tun können, ohne Platten zu verkaufen, aber wenn es darum geht, eine Hitsingle zu konzipieren, glaube ich nicht, daß unsere Instinkte für diese Aufgabe gerüstet sind.“

Immerhin sind sie gerüstet für eine EP mit Charlie Feathers, den sie [35] auf der Harley des zukünftigen Präsidenten des Fanther Burns, Memphis MC fotografieren. Lux Interior wird die Linernotes verfassen, weil auch ihm dieser Mann schon immer über alles ging.

Dazu: die Bilder

Warum sehen wir uns nicht die Fotos auf dem Plattencover an?

„Genau. Dieses Foto hier. (Abb. 1) Du siehst den Schatten. Später Nachmittag. Und diesen Schwarzen im Festtagsstaat, der seinen freien Samstag genießt. Er hat sich in Schale geworfen, hier, weißer Gürtel, weißer Strohhut mit schwarzem Band, die weißen Schuhe mit weißen hohen Absätzen, vorn Handgelenk schwingt seine Polaroid-Kamera, allzeit bereit, einen Schnappschuß zu machen, wenn Interessantes passiert. Ganz klar, daß er heute nichts anbrennen lassen wird. Die Aufnahme ist von 1975, und für mich ist das ein Artefakt, eine Ikone… so etwas. Wie dieses Bild hier. (Abb. 2) Zwei kleine schwarze Jungs auf einem Fahrrad. Das habe ich in meiner Heimatstadt aufgenommen, einem Eisenbahnstädtchen in Arkansas, da links sieht man den Güterzug. Ich habe da als Weichensteller gearbeitet, und wie oft bin ich diese Straße entlanggegangen. Dann sah ich diese beiden Knirpse auf ihrem Fahrrad… es ist die Pforte zu meiner Vergangenheit,… ich weiß nicht warum. Für mich liegt darin ein emotionaler Gehalt… hm.

Hier natürlich haben wir ein Motorrad, da sehen wir Katie Kaye, eine RockabiIlyklamotten-Designerin aus New York, die oft mit. uns gesungen hat. Das ist. der Tango: Das Mädchen arbeitet heute als Model irgendwo in Europa. Damals war sie fünfzehn, der Junge ist ein Künstler aus Memphis. Sie war eine unserer Burnettes, unserer Backgroundsängerinnen und -tänzerinnen. (Abb. 3)

Wir haben eine Menge Burnettes-Auflagen durchlaufen, dann haben wir sie einfach in der Band aufgehen lassen. Wir nehmen sie am liebsten sehr jung zu uns, weil sie dann wirklich aufgeschlossen für Panther-Burns-Musik sind. Da ist eine andere, (rechts) nette Mädchen, sie haben extra für die Auftritte mit uns einen Song geschrieben, ‚Peabody Row‘. (Abb. 4)

Dann sieht man den Wahrsager, Zigeuner, die schräg gegenüber von uns wohnten, sie hatten drei Cadillacs, wunderschöne Menschen mit Mandelaugen und goldfarbener Haut… umwerfend… und ich hielt immer respektvollen Abstand, weil ich befürchtete, daß sie mich behexen würden… sie waren einfach zu anziehend. Ich bin nie reingegangen, um mir wahrsagen zu lassen. (Abb. 5)

Das hier ist letztes Jahr in New York. Eine von den Burnettes brauchte eine Abreibung, weil sie den Mund nicht halten konnte.“ (Abb. 6)

Das Land (und Places II)

„Jetzt sind wir in einem Honky Tonk in Mississippi, wo Raoul Burnside spielte, in einem Raum gab es Würfelspiele, Nutten im nächsten, Rock’n’Roll und Blues im Hauptsaal, hinten brieten sie Hähnchen. Der Club lag irgendwo den Mississippi runter in den Wäldern, es gab keine Plakate oder Inserate dafür… am Wochenende hörte man elektrische Gitarren aus dem Unterholz, wie die Buschtrommel, und alle aus der Umgebung setzen sich in Bewegung. Es ist sehr still, und die Musik trägt meilenweit. Bald ist es gerammelt voll. Wir kommen aus einer sehr ländlichen Umgebung. Der ganze Süden war Baumwolle, und all diese Baumwolle brachten sie nach Memphis, wo sie klassifiziert und verschifft wurde, und an der Uferstraße am Mississippi standen riesige Baumwollsilos mit vielen Fenstern und Oberlichtern, durch die sie die Baumwolle begutachteten. Panther Burns haben in einer dieser verfallenen Kisten angefangen zu spielen. Sie sind ganz aus Holz, also fühlt man sich, als würde man in einem riesigen Resonanzkörper spielen. Ein wirkliches Kulturgemisch herrscht in diesem kleinen Nest… und überall spürt man das Land um sich herum.

Musik ist hier keine große Sache, keiner kümmert sich darum, was in den Stax-Katakomben gammelt, Müll halt“. (Bis James Luther Dickinson oder Panther Burns oder Alex Chilton oder Lux Interior den Krempel ans Tageslicht zerren.)

Stuttgart! Arkansas (Platz acht) ist 
eine kleine Stadt zwischen Memphis und meiner Heimatstadt, wo sie
 ein paar wirklich winzige Aufnahmestudios hatten. Bobby Lee Trammel hat hier gewirkt, oder Calvin
 Levi, ein schwarzer Bluessänger, der 
komischerweise um 1980 rum noch
mal einen Hit hatte. Es gab da so ein
 Kaff mit einem Gefängnis, und 
irgendwann hatten die Leute die 
Nase voll von den Häftlingen und
 haben sie einfach draußen in den
 Feldern kalt gemacht. Ein echt primitives Völkchen, die schlugen Leute
zusammen und folterten sie, und
 eine Menge Menschen sind spurlos 
verschwunden, bis man anfing,
 etliche Knochen auszugraben. 
Jedenfalls hat er darüber einen Song 
geschrieben, der sich ganz gut verkaufte. Dieser Stuttgart, Arkansas-Sound hebt sich doch deutlich vom 
Memphis-Sound ab, wirklich faul,
 noch schleppender als der Memphis-Sound, nachlässiger Mississippi-Beat, sehr sinnlich.“

Werkverzeichnis


„She’s The One To Blame“-EP (‘81)

„Train Kept A Rolling“-EP (‘81)

„Behind The Magnolia Curtain“-LP
 (‘81)

„Blow Your Top“-EP (‘82)

„Sugar Ditch Revisited“-LP (‘85)

„Shake Rag“-EP plus Free Live-LP (‘86)

TBA/Tram“-Single (‘87)

„The World We Knew“-LP (‘87)