11.8.

Es war um den Moment, da sich die Datumsscheibe in meiner Armbanduhr zwischen Wed und Thu entscheiden würde. Es regnete wie bescheuert und wir saßen unter der Markise des kleinen Cafés gegenüber. Vor uns, morgens wie jetzt auch noch: die unendlich scheinende, weil wie blockierte, weil ja in Wahrheit so gut wie nie abgenutzte Kleinschlange aus Taxis.

Am Morgen hatte es dort beinahe schon ein Gefecht gegeben. Wer den ganzen Tag neben seinem Wagen sich herumzustehen gezwungen sieht, weil ihn niemand will, der braucht halt einen Kratzbaum. In diesem Fall hatte er die Form eines Einkäufers in der angrenzenden Bäckerei, der, mit dreistelligem Nummernschild zudem, sein Fahrzeug vermutlich der Bequemlichkeit halber ans Ende der Schlange aus Berufsfahrern gestellt hatte. Als er die Bäckerei mit einer Papiertüte voller Brötchen verließ, sah er sich einer wütenden Menge gegenüber, die zwar nicht seinen Kopf forderten, noch nicht, aber immerhin die sofortige Wegbewegung seines PKW. Und weil ihnen das nicht schnell genug vonstatten zu gehen schien: ihm noch ein paar aufs Maul. Dazu, aufgrund der Lautstärke und Vielstimmigkeit kann es nur als Schimpf gedacht worden sein, riefen sie ihn, den Brötchenkäufer, »Fotze«. Woraufhin er, ihnen zweifelsohne nicht unterlegen in Sachen Körperkraft, seine Geschlechtsgenossen als »Schwanzlutscher« bezeichnen wollte. So ging es immer weiter, das Ende mag man sich denken. Es ging aber unblutig aus.

Dies alles besprachen wir, wir ließen es Revue passieren, während es regnete, und dazu lief Our Darkness von Anne Clark. Von daher fiel es mir leicht, Steve und Tim von den alten Zeiten in Berlin zu erzählen. Es war ja noch nicht allzu lang her, dass ich Klaus Wowereit, den damals noch Regierenden Bürgermeister von Berlin, während einer Modewoche auf einer Party in der Russischen Botschaft am Boulevard Unter den Linden zu Our Darkness (Anne Clark war dort aufgetreten) hatten tanzen sehen.

Währenddessen hörten wir This Charming Man, P-Machinery und Club Tropicana. Auf dem iPhone des kleinen Cafés gegenüber ist eine seltsame Software installiert, über die ein sogenanntes Raumland-System aus Lautsprechern sich die Musik saugt. Momentan, also zur Stunde zwischen Wed und Thu, war das, voreingestellt, ein Programm aus meiner Pubertät.

»Germany in the eighties ———«, sagte ich demzufolge.

»Who was your Madonna?«, fragte Steve, auf dessen Unterarmen links Elvis steht und rechts Bowie.

Also sagte ich: Punktpunktpunkt

Wohingegen Tim sich, da er aus Neuseeland stammt, an überhaupt nur einen einzigen einheimischen Star erinnern konnte. Bei der neuseeländischen Madonna hatte es sich offenbar um einen Mann gehandelt namens Dave Dobbyn.

Und wir kamen von Irgendwie, Irgendwo, Irgendwann und Achselhaaren bald auf den 22. August zu sprechen, an dessen Morgen ja bekanntlich der Berliner Bürgermeister eine in der Königlich Preussischen Manufaktur handbemalte Gedenkkachel an der Fassade des Hauses Nummer 155 der Hauptstrasse in Schöneberg einweihen wird. Und ich bat Steve, mich dorthin zu begleiten. Ich versprach ihm, dass ich unseren Bürgermeister so weit bringen würde, ihm den Unterarm zu signieren.

Und Steve sagte: »I am considering it.«

Dazu hörten wir Eyes without a Face.

Bei den Taxlern drüben war die Lage unverändert. Und der Regen hörte und hörte einfach nicht auf.