12.3.

Das Leben eines Mensches in Ketchup gemalt mit den Enden kalter Fritten: Es ist 2.30 Uhr, als ich verschwitzt aus einem Traum erwache, in dem mir diese Idee eines Ketchup-Sgraffito als genial präsentiert wurde. Im Dunkeln liegend fällt mir bald der eine von den Schweizern ein, den ich am Sonntagnachmittag in der Küche traf, wo er im Stehen, aber konzentriert ein Stück Erdbeerkuchen aß. Im Hintergrund lief der Farbdrucker. Er läuft nicht rund um die Uhr, aber so um die zwölf Stunden. Der Schweizer erklärte mir, dass er fünfzig Entscheidungen zu treffen habe am Tag. Könnte hinkommen. Ich schaute ganz bestimmt viel zu aufdringlich hin, aber ich hatte den Schweizer noch nie zuvor ein Stück Kuchen essend gesehen. Ich frage mich auch, ob sie das eigentlich komisch finden, wenn ihre deutschen Kolleginnen am Morgen Haferflocken und ähnliches mit Apfelstücken und Weintrauben löffeln. Die Schweizer kommen ja nicht mit dem Frühstück in die Redaktion. Einer von ihnen hat mir erzählt, dass sie sich in einem kleinen Lokal ganz oben am Kurfürstendamm treffen, um Milchkaffee zu trinken. Was sie dazu essen, habe ich ihn nicht gefragt. Müsli jedenfalls ist doch eine der wenigen original Schweizer Erfindungen. Es gibt ein gutes Buch zu dem Thema Die Moral auf dem Teller, über Maximilian Bircher und John Harvey Kellogg, die etwa zur gleichen Zeit ihre Frühstückslehren verbreiteten. Ich stelle mir vor, dass ich vielleicht in Indien arbeiten müsste, und meine Kollegen kämen morgens herein und alle packten ihre Thüringer Bratwürste aus. Alle außer ich.

Der Sonnenuntergang kam mir auch wie ausgeschnitten und aus Farbkopien zusammengeklebt vor. Orange vor grau und weiß.