12.7.2019

Es regnet seit ein Uhr, ich war aufgeweckt worden vom Rauschen vor dem Fenster. Der Luftdruck fiel über Nacht um drei Punkte auf 1001 Hektopascal. Schon in den vergangenen Tagen war das Klima so seltsam unter einem blauen Himmel, grundsätzlich warm, aber jedes Mal, wenn eine der kleinen Wolken vor die Sonne getrieben wurde, kühlte die Luft sekundenschnell ab. Wie in den Bergen. Ich glaube, das liegt daran, wenn die Wolken besonders hoch am Himmel stehen.

Von der Hand voll bohnenkernhafter Samen, die ich beim Botanisieren unter den blühenden Bäumen auf dem Rothschild Boulevard aufgesammelt habe, sind inzwischen schon zwei Keimlinge entstanden. Sie brauchen anscheinend sehr viel Licht. Ich habe das kleine Treibhaus direkt am Fenster aufgestellt und trotzdem streben sie beinahe diagonal in dessen Richtung. Zwei Wochen lang haben sie in der Erde geruht, ohne dass etwas zu sehen war. Ich war kurz davor, die Erde wegzuschmeissen. Am nächsten Morgen fing es an.

Die Vorschusslorbeeren für den amerikanischen Wunderschwamm muss ich mindestens zur Hälfte abräumen. Nach zehn Tagen im Praxistest löst sich die erdbeerfarbene Seite, die mit der namensgebenden Schrubbfunktion, auf. Einfach so. Was besonders traurig ausschaut, weil der Schwamm ja als lächelndes Gesicht gestaltet ist. Das wirkt nun wie aus alter, mürb gewordener Wassermelone geschnitzt. Von den Augen hängen ganze Lappen herunter wie nach einem Säureattentat. Darunter freilich das Shit eater grin. Da muss man gar nicht gross paranoid sein, es ist eindeutig so, dass der Hersteller in dieses Material einen progressiven Zerfallsmechanismus programmiert hat. Wäre ja auch zu schön, wenn ein Schwamm länger hielte als ein paar Tage. Da frage ich mich—nicht bloss weil die rote Seite an Rote Grütze erinnert und die gelbe Unterseite an Vanillesauce—wie weilands Walter Kempowski in Anbetracht der ihm ohne die geliebte Vanillesauce aufgetragene Grütze: «Was soll das?»

Traf gestern Nachmittag Gosha, die Wirtin des Ankers, auf der Strasse. Sie hat eine Sehnenscheidenentzündung (vom Zapfen).