13.7.

Nach der Arbeit fuhr ich mit dem Fahrrad zur Tankstelle und zapfte fünf Liter Super in den Kanister. Dann tankte ich den Motor voll, nahm den Rest im Kanister mit und fuhr hinüber zur Pfaueninsel. Aus meiner Richtung kommend, erreicht man zuerst das Ufer, an dem auf einer Lichtung dort die sogenannte Meierei steht. Ein niedriges, pseudogotisches Gebäude mit eingedrücktem Dach. Davor ankerte die Bare Foot, an Bord ein paar Männer und Frauen: die Männer in weißen Hoodies, die Frauen in Bikinistreifen. Da wurde vaporisiert und dazu lief Snoop Dog. Riesen Deutschlandfahne am Heck, und generell stelle ich fest, dass Ilse und ich (so heißt mein Boot (also bloß Ilse, na: Mein Boot heißt ILSE)) hier, an solch beschaulichen Stellen des Sees, insbesondere in lauschigen Stunden an beschaulichen Stellen des Seees nicht gerade beliebt sind. Also ziemlich unbeliebt. Das liegt an Ilses Außenbordmotor, der ist ziemlich laut. Er röhrt und er brummt, sodass die ganze Sitzbank vibriert, was ich freilich angenehm finde. Es ist zwar nicht die halbe Miete, aber im englischen hieße das Ilsesche Vibrieren der Sitzbank cherry on the top. Jedenfalls fiel mir dort zwischen Meierei und Bare Foot ein, was ich mir zu Weihnachten wünschen würde: einen Anker und sieben Meter fünfzig Seil, sagen wir: sieben Meter achtzig (der See ist an seiner tiefsten Stelle sieben Meter tief, dazu kommt vermutlich noch eine Schicht Schlamm). Dann könnte ich ebenfalls den Motor ausmachen, es würde herrlich still, ich könnte die Stille genießen, eventuell auch mal vaporisieren – wobei: lieber nicht.

Ich umrundete dann die ganze Pfaueninsel, aber es gab dort nirgendwo eine Möglichkeit anzulegen, was ich als absolute Frechheit empfand, im Grunde auch unseemännisch und, so vermute ich, ist einerseits Inselbesitzern und andererseits den vorbeidröhnenden Bootsfahrern jegliche Anlegeoption vorenthalten. Die Pfaueninsel befindet sich angeblich im Besitz der Stiftung Preußischer Kulturbesitz, fällt also in Tim Renners sogenannten Beritt. Ich werde ihn darauf ansprechen. Und zwar in forderndem, an Ágota Kristóf geschultem Ton. Im Zweifel werde ich ihn an den Erfolgstitel der Dolls United zu seinen guten alten Motor-Zeiten erinnern: »Eine Insel mit zwei Bergen«.

Ein gutes hatte diese fruchtlose Umrundung von Renner Island dann aber doch noch, und zwar fand ich an deren rückseitigem Ufer, als die Bare Foot schon wieder zu riechen, zu hören, aber noch nicht ins Blickfeld gefahren ward, eine Kolonie Blässhühner von gigantischem Ausmaße: mindestens dreißig Jungtiere und etliche Eltern ruckten dort zwischen Bänken aus Totholz und lebten, so schien es mir, mit dutzenden Schwänen – auch hier lauter Jungtiere – in Koexistenz. Und ich wünschte mir, zusätzlich zum Anker (aber der soll bitte nicht vom Himmel fallen, ich kenne mich!!!), dass mein Blässhuhnelternpaar doch bitte im nächsten Frühjahr, das ja meiner eigenen Zeitrechnung zufolge noch im Winter liegt, dorthin, an die Westküste von Renner Island auswandern möge, um dort zu legen und brüten (vorher Paaren nicht vergessen). Dort liegt nämlich, so schien es mir: Blässhuhn Paradise City.

Sonnenuntergang dementsprechend (wie Chupa Chups Einwickelpapier). Früh zu Bett.

Für Friederike, die heute Geburtstag hat: Alles Gute, Wahre und Schöne für Dich.