14.11.

Dem Supermond entgegen: Mit 216 Stundenkilometern lief mein Zug im schönen Sackbahnhof von Stuttgart ein. Sehr angenehme Fahrt, trotz dieser hohen Geschwindigkeit, trotz des unangenehm überfüllten Zuges vor allem (ich war als dritte Partei an einem Vierertisch gelandet. Geradeaus erklärte ein reizender Herr seiner reizenden Frau die hessische Landschaft, mein Nebensitzer las im SZ-Magazin eine Geschichte über das rassistische Potenzial des Sarrotti-Mohrs und hinter der Lehne, also mir im Nacken, sprachen eine italienisch gefärbte Stimme und eine aus Niedersachsen auf Englisch über Donald Trump. Wenigstens regnete es nicht auch noch rein.)

Im Gegenteil, es war das herrlichste Reisewetter. Und Deutschland, das konnte ich letztendlich auch der vorteilhaften Rahmung durch die speziell proportionierten Fenster des ICE wegen erkennen, war sogar im Spätherbst noch das allerschönste Land. Wir hatten gerade den wie Lötzinn schimmernden Stausee passiert, da fragte sich der Landschaftserklärer laut, ob das nicht am Ende eine Talsperre war. Für ihn bedeutete jeder Satzanfang auch schon das Ende. Jedenfalls betonte er das so. Das Hessische, insbesondere der Ortsname Hanau, der von ihm häufig Erwähnung fand, war für diese auf dem Aushauchen beruhende Sprechweise ideal.

Dann, die beiden waren aus Frankfurt, ging es um die unbebauten Kleingärten von Offenbach entlang der Gleise – die Frage hatte ich gestellt: Warum die denn noch nicht bebaut worden waren (wo doch hier der Wohnraum so begehrt war). Weil’s Kleingärten sind, sagte sie. Um mich danach noch auf das Grünesaucenmuseum dort hinzuweisen »in irgendeiner Wellblechhütte«.

Charmant! Sie verabschiedeten sich mit einem Hinweis darauf, heute Abend noch in die Alte Oper zu müssen. Mit der Betonung auf müssen – Konzert. Sie, vertraulich: »Da kann man nichts machen, die Karten liegen zuhause bei uns herum«.

Dann standen links plötzlich Hochhäuser, wo eben noch die Kleingärten gewesen: sie waren daheim.

Der Supermond zeigte sich schon auf dem Weg nach Heimerdingen durchs Rückfenster des neuen Autos meiner Eltern (einem Raumwunder, wie meine Mutter es nennt). Dann gab es Rouladen und Spätzle und einen wie immer recht rezenten Rotwein aus meines Vaters seltsamer Sammlung. Danach noch lange mit den beiden am Kippfenster im ersten Stockwerk gestanden, wo früher sehr viele Jahre lang mein Zimmer gewesen war. Immer abwechselnd schaute einer von uns durch mein Fernrohr und machte daraufhin entweder Kommentare über das Fernrohr (meine Mutter), den Supermond (ich) oder halt über irgendwas.