14.1.2020

Gestern beim Zahnarzt: Ich hatte schon wieder vergessen, in welchem Ton die praktischen Mediziner mit ihren Kunden sprechen. Dem für Sprache Sensibilisierten kommt er unweigerlich sadistisch vor, dabei jedoch lustlos, beziehungsweise ultra aufgeklärt, unverblendet, rationalistisch, mega nüchtern: all soetwas kann freilich in kleiner Dosis erheiternd wirken — bis es einem dann tatsächlich schlecht geht und dann jemand in diesem Ton über einen selbst als Fall zu einem spricht. Kenne ich sonst nur von Anwälten. Wahrscheinlich kommt das von dem tiefen Einblick in den Zusammenhalt — Physis, Rechtsstaat. Machen wir uns keine Illusionen. In Wahrheit ist es doch so.

Denn es kann allzeit vorüber sein, und am Ende ist nichts: Roger Scrutons Tagebuch ist im Spectator veröffentlicht worden, das von Alan Bennett in der London Review of Books. Bennett lebt noch. Aber beide haben in ihren Tagebüchern des vergangenen Jahres 2019 ihre Bodychecks mit dem Tod festgehalten. Beides Mal kommt er plötzlich. Wie aus dem Nichts. Gerade hat Alan Bennett am 30. März noch über die Zeitschrift, die sein Mann herausgibt, nachgedacht, datiert der folgende Satz aus dem Juli. «A big hole in this year’s diary when in April I was found to need an open heart operation: leaking aorta, aneurysm and blocked artery. With no symptoms to speak of, it came as a complete surprise…» Bennett überlebt das Jahr («Blame the anaesthetic»). Die Zeitschrift heisst World of Interiors.

Roger Scruton, der vorgestern verstorben ist, will sich im September von seinem Rheumaspezialisten untersuchen lassen, sie plaudern über eine Rezension des Parsifals. Der Arzt rät zu einer Computertomografie, es übernimmt der Onkologe. Scruton schreibt ins Tagebuch «That week has been extended, but for how long? This question naturally dominates my life and the life of my family.»

In welchem Ton die Mediziner sich wohl ihre eigenen Diagnosen stellen? Mir fiel gestern der Anfang von The Emperor of all Maladies ein. Da wacht die Tumorspezialistin morgens auf mit einem neuen Gefühl im Kopf «and I knew something was terribly wrong.»