14.9.2020

Monatelang, beinahe ein halbes Jahr lang hatte ich mich gefragt, wie wohl die Eröffnungsfeierlichkeit für den Tel-Aviv-Platz gehalten sein würde. Heute kam ich in der (für mich) typischen Mischung aus zufälligerweise und absichtsvoll dort vorbei und bekam gerade noch mit, wie ein Duo Bauarbeiter den letzten Bestandteil der Umzäunung auf ihren Anhänger scheppern ließ, um kurz darauf abzudampfen — Bye bye …

Durch diese Umzäunung hatte ich die Fertigstellung des Platzes in den vergangenen Monaten gut beobachten können. Ich hatte bald schon ein stimmiges Bild vor Augen, wie der Platz einst werden würde. Jetzt, da er vom Zaun befreit für fertig erklärt wurde, übertrifft er meine Vorstellung trotzdem. Kurioserweise! Auch wie schnell es ging, dass das öffentliche Leben aus Fußgängern, Radlern und Elektrorollerfahrern nicht mehr auf dem gewohnten Pfad ringsum des Platzes strömt, sondern sich überallhin ergießt. Der Platz, so, glaube ich zumindest, heißt es unter Stadtplanern: wird gut angenommen.

Nicht von jedem natürlich. Eine Frau beispielsweise deutete mit einer Handbewegung, so vage wie bei Fellini, über die helle Steinfläche, die den Platz definiert und äußerte starken Unmut über die Gestaltung. Allerdings eher guttural und schlecht formuliert — obwohl sie Deutsche war. Ich stelle häufig fest, dass die Leute sich offenbar aufgefordert fühlen, auch alles außerhalb ihrer Displays konstant mit null bis fünf Sternen zu bewerten und ihre sogenannten Kommentare zu hinterlassen; aber in der Luft bleibt halt nichts hängen — anders als im Film! Wahrscheinlich, dachte ich mir, mit unverstelltem Blick auf den sanft geschwungenen, sandfarbenen Tel-Aviv-Platz, würden die Leute auch noch ihr eigenes Lebensende bewerten und kommentieren wollen. Und als ich heimkam, war genau das eine Humorgeschichte im neuen New Yorker: «One-Star Yelp Reviews of Heaven».

Duh.