15.5.

Am Nachmittag gingen wir in den China Club. Von der Terrasse dort hat man einen schönen Blick bis hinüber zum Potsdamer Platz. Leider fing es, kaum waren die Kaffeetassen serviert, zu tröpfeln an. Der Kellner, angetan in seiner von Anne Maria Jagdfeld entworfenen Barjacke mit chinoisen Knebelverschlüssen, bedauerte: Bei den Schirmen auf der Terrasse handele es sich um Sonnenschirme, bei Regen würden sie nicht aufgespannt. Also verfügten wir uns in die Bibliothek und saßen dort noch kaum, da fing es aber derart krachend zu plattern an – auf dem Platz unten hasteten die Denkmalstouristen mit über die Köpfe gezogenen Pullovern und Shirts zwischen den von den herabstürzenden Wassermassen glänzend gemachten Betonblöcken herum wie Mäuse im Käsekästchenlabyrinth auf der Suche nach dem Ausgang.

Auf der Fahrt durch das Regierungsviertel, meiner ersten seit einigen Monaten, war mir schockhaft aufgefallen, wie viele exakt gleich aussehende Bauten dort seit meinem letzten Spaziergang durch die Straßen hinter dem Hauptbahnhof entstanden waren. Beziehungsweise, dass es da selbst diese Straßen noch gar nicht gegeben haben konnte, von daher auch nicht diesen Spaziergang, diese öden Straßen waren mit diesen Häusern einfach mitgekommen wie Helmut Lang das einst über seine Mode gesagt hatte, bloß halt, leider, dass diese Häuser nicht schön waren. Der Stil nennt sich Schlitz- und Spaltarchitektur. 

Das Gute am China Club ist freilich, dass man dort seine Ruhe hat. Es ist also in etwa so wie zu Hause, bloß teurer. Und dass einen zu Hause auch keiner sieht, während man wohnt. Aber es hält sich, verglichen mit dem Soho House zum Beispiel, noch in Grenzen. Im Soho House wohnt man von den Fremden umtost. Im China Club kann es gut sein, dass man den Tag über nur ein, zwei Seelen begegnet, die einem das wohnende Dasein bezeugend versichern. 

Köstlich sind allerdings die Nüsse. Das hat sich herumgesprochen und ausnahmsweise stimmt alles, was man sich über die Nüsse im China Club erzählt. Von den Snacks im Soho House weiß man ja eher nichts.

Leider hörte es dann zwar zu regnen auf, aber dann kamen, wir hatten es beinahe schon vergessen, die ersten Notifications von der Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen rein. Schlechte News, die SPD hatte versagt. Frau Kraft tritt ab. AfD über 5 Prozent: Es ging immer so weiter. Der Tag war gelaufen. Irgendwie lustlos geworden tranken wir noch etwas Weizenbier, das in extrem kleinen Gläsern serviert wurde, sodass es beim Selfiemachen so aussah, als ob wir zu große Hände bekommen hätten. Eine Gruppe maoistischer Kämpfer aus Beton im Hintergrund (Kunst). 

Tja. Schlimm, wenn man, wie Martin Schulz, sich dann noch nicht einmal mehr besaufen kann. Zumindest konnte ich die frische Bettwäsche aufziehen, die den Duft von Dash, Wind und Sonne verströmte. Im TV sagte Hannelore Kraft einen Satz, der auf »sachgrundlose Befristung« endete. Noch nie gehört. In der Wikipedia hieß der zugehörige Artikel »Befristetes Arbeitsverhältnis«, ich fing zu lesen an, aber es war wie in einem Traum, weder gut, noch alb-: ich scrollte und scrollte, es hörte nie wieder auf.