16.7.2020

Wenn Japaner essen, dann sieht das zumeist ganz anders aus, als wenn wir essen. Japaner attackieren die Speise, sie gehen den Essvorgang an; sie nehmen nicht einfach bloß etwas zu sich, sie nehmen es in sich auf, lassen es in sich ein. Ich habe heute einen Japaner gesehen, wie er eine Currywurst aß: Pieks pieks, happs happs — im Grunde wie ich, und dann doch wieder nicht. Seine Unerschrockenheit.

Es gibt ja diesen Film von Wim Wenders — die ARD hat derzeit eine Werkschau in ihrer Mediathek, weil Wenders bald 75 wird —, er hat ihn im Tokio der frühen achtziger Jahre gedreht, da zeigt er eine Werkstatt, wo sie diese Modelle von Speisen herstellen, die in japanischen Restaurants das Angebot illustrieren. Es sind tatsächlich echte Omeletts und echte Fische et cetera, die in eine Gummisuppe eingegossen werden, dann mit Gips ausgefüllt und daraus entstehen dann die Hohlformen für die Modelle aus Wachs. Die Kamera in dem Film verweilt wohltuend lange bei den einzelnen Arbeitsschritten. Ganz appetitlich wirkte auf mich das Zusammensetzen eines mehrstöckigen Sandwiches mit Schinken, bei dem die Kanten sehr scharf abgeschnitten werden, bis es perfekt geometrisch geraten ist und man sämtliche Schichten seines Innenlebens sehr gut erkennen kann. Das herrliche Rosa des Schinkens! Ich dachte daran, dass eines dieser Schinkensandwich-Modelle bei einem Restaurant angeliefert worden sein könnte, und daraufhin fühlten die sich dort herausgefordert, ihre Schinkensandwiches so schön hinzubekommen wie dieses Modell. Vielleicht war Japan ja so. Vielleicht ist es so immer noch. Ich weiß es nicht, ich war noch nie dort.

Die Farben in diesem Film gibt es jedenfalls alle nicht mehr, sie sind verschwunden.