17.1.2019

Ludwig van Beethoven aß gerne Brotsuppe, sämig gerührt, dazu zehn Eier. Mozart: Grüne Leberknödel. Adorno: Rehbraten in Rahmsauce. Arno Schmidt: »Maccaroni mit Käse (Kann Maggi blank trinken.)« Vladimir Horowitz: Seezunge, dazu Apfelsaft. David Bowie: Teewurst aus dem KaDeWe (Berliner Zeit.) Roland Barthes: »Steak-frites, aber nicht so.«

Ich kann zur Zeit so ziemlich alles (außer Ziege und Schaf), und das andauernd. Was will man auch anderes machen, bei diesem Wetter, wenn es schon vor der Blauen Stunde finster wird? Zusätzlich fühle ich mich auch angespitzt durch die Lektüre von Vincent Klinks Tagebüchern, die uns von meinen Eltern in gebundener Form geschenkt wurden.

Also ging es nach Einbruch der Dunkelheit hinüber zum Vorplatz des Bahnhofs Nikolassee, wo ich das schöne Spezialitätengeschäft Grünspecht entdeckt habe, in dem die herrlichsten Dinge aus der dem Schwäbischen kulinarisch artverwandten Pfalz verkauft werden. Die Blut- und die Leberwurst dort sind Kracher, genialer Senf (und dazu dann noch das Quittengelée meiner Mutter!) und es gibt das delikate Stipp-Pulver Dubbes von der Wonnegauer Mühle, eine Art Granulat für ein Pesto zum Selberanrühren, sowie halt vor allem den Sonnentropfen, einen Riesling, dessen Etikett allein einen zum Nachdenken bringen kann.

Die Wirtin selbst, eine Winzerstochter, war allerdings nicht zugegen. Wie ich erfahren mußte, war ihr vor dem Wochenende ein Unglück passiert. In der benachbarten Buchhandlung, die ich auch gern besuche, hatte es eine Lesung gegeben. Weil die dort mit den gelieferten Schaumweinen nicht zurechtgekommen waren, hatte man sie um Hilfe gebeten. Und gleich die erste Flasche (aus Italien,) war ihr beim Versuch des Entkorkens in den Händen explodiert dergestalt, dass die Schrapnelle ihr das linke Handgelenk total zerfetzt haben. Arterie, Sehnen, Nerven: alles durchtrennt, mehr oder weniger. Jetzt ist sie im Krankenhaus, anschließend Reha. Und weil es ja immer noch schlimmer kommt, versagte zum Wochenanfang auch noch die Kaffeemaschine ihren Dienst. Zwar gab es Filterkaffee, aber ich selbst wurde zum Zeugen, dass die hereinschauende Laufkundschaft pikiert abwinkt und weiter zieht, wenn man den Wunsch nach einem doppelten Macchiato oder einem Flat White nicht mehr erfüllen kann. Bei diesen Margen, bei den Mieten hier in Berlin geht das zumal bei einer One-Woman-Show ganz schnell ans Eingemachte.

Gastronomie kann lebensgefährlich sein. Nicht bloß der Messer wegen. Die meisten Leute wissen das nicht. Weil sie allgegenwärtig ist wie Leitungswasser, denkt man nicht groß darüber nach.