18.7.2019

Eine Raupe, so lang und ungefähr auch so dick wie mein Zeigefinger, grün mit einem grellblauen Scheinstachel am hinteren Ende, lief quer über den Weg vor mir. Raupe eines Lindenschwärmers. Endlich mal ein neues Tier, ein Saisontier zumal. Eines, das in dieser Form bald schon nicht mehr da sein wird.

Abends war ich bei Dagmar eingeladen, es gab finnische Knusperbrote mit Tatar. Sie erzählte von einem Interview, das sie einst mit Rudolf-August Oetker gemacht hatte. Der rauchte Zigarre, drückte den heruntergerauchten Stumpen aber nicht aus, sondern steckte ihn in seine Tabakspfeife, die er eigens dafür herausgeholt hatte. Reiche in dieser Form gibt es nicht mehr. Beziehungsweise kann ich es mir einfach nicht vorstellen, dass Jeff Bezos oder Bernard Arnault, der neue zweitreichste Mann der Welt noch einen Spartick haben könnten (wie mein Grossvater, der aus lauter dünnen Seifenresten wieder eine handelsübliche Seife formen konnte, die dann bunt gescheckt war und vielstimmig duftete). Der ebenfalls anwesende Johannes erzählte von seinem Besuch in einem sogenannten Zollfreilager in Zürich, wo Sammler Teile ihrer Sammlung aufbewahren lassen und bei Bedarf von dort aus weiterverkaufen. Er hatte dort einen Milliardär erlebt, der wütend aus dem Waschraum wiedergekommen war. Das Toilettenpapier war ihm unbotmässig dick und flauschig vorgekommen. Er vermutete, dass man sich hierauf seine Kosten bereichern wollte.

«So war er beschäftigt, sein wartendes Leben mit Bedeutungen und Verbindungen auszufüllen, die er untereinander verglich und vollständig ernstnahm.» (Genazino)