20.10.2020

Renata Adler, die gestern ihren 83. Geburtstag feiern durfte, hat ihre Arbeitsmethode vor einigen Jahren noch so beschrieben: I wake up at five or six, I have breakfast, I think, ‹I should be writing.› And then I think, ‹Well, maybe after a little nap.› And that way several years pass. Truly, several years pass.

Der Blog, von dem ich diese Information bezogen habe, Subtle Maneuvers, meint dazu: «Sounds about right.»

Ich hingegen finde: Sounds just wrong.

Wilhelm Genazino hingegen, in einem wunderschönen (postumen) Gesprächsbändle im Verlag von Ulrich Keicher: «Es klingt zwar merkwürdig, aber ich muss kein Buch schreiben. Ich könnte mal fünf Jahre lang aufhören. Allerdings hätte ich dabei ein bisschen Angst. Wenn ich so eine lange Zäsur mache, denke ich, dann werde ich Schwierigkeiten kriegen, wieder auf das Gleis zurückzufinden. Diese Angst hätte ich. Das ist ja schon oft passiert, dass allzu selbstzufriedene Autoren gedacht haben, jetzt weiß ich, wie es geht, das weiß ich also auch in drei Jahren noch oder in fünf. Ich vermute aber mal, dass sich das Wissen nicht hält, die Nähe zum Stoff und zum Material und zum Vorgang.»

Ganz meine Meinung, übrigens: Es hält sich nicht. Bei mir noch nichteinmal bis zum übernächsten Tag!

Und ich weiß nicht, ob Jan Peter Bremer und Genazino sich gekannt haben. Der jedenfalls schrieb neulich erst, ein Schriftsteller sei jemand, der glaube, die Welt warte auf sein nächstes Buch.

Und auf der Straße drunten sagt eine in die Jahre gekommene Mitbürgerin, die mich von ihrer Sonnenbrille her an Joan Didion erinnert, zu ihrer Begleiterin: «Eigentlich ist es beinahe grauenvoll.»