20.4.

Endlich wieder mit Socken schlafen. Es ist halt einfach das Gemütlichste auf der ganzen Welt! Und dann beim Aufwachen zwar Kälte, aber zum Ausgleich blitzblauer Himmel und gleich herrlichster Sonnenschein. Der New Yorker veröffentlicht die geheimen Tagebücher von David Sedaris. Seit vierzig Jahren schreibt er sie in von ihm selbst gemachte Ringbücher, 153 Stück gibt es mittlerweile davon, der New Yorker veröffentlicht freilich nur in Auszügen daraus. Ich las und schaute mir auch die Einbände der geheimen Tagebücher an, die, ebenfalls in Auswahl, abgebildet wurden. Das war während meiner Fahrt durch die Bilder einer Landschaft mit Schnee vor frühlingsgrünen Bäumen. Ich kann mich nicht erinnern, das schon einmal erlebt zu haben. Gar nicht sattsehen konnte ich mich daran. Die Kinzigtalsperre: en forme.  Und kurz zuvor der zweitschönste Industriekomplex aus Backstein auf dieser Strecke: die Dreiturmwerke in Steinau. Seit 1835 in Familienbesitz. Seit 1835 wird hier Seife hergestellt. 1945 wurde die Fabrik vollkommen zerstört. Seltsam eigentlich, wo die doch bloß Seife hergestellt haben. 1950 steht nicht nur alles wieder, es wird expandiert. Heute ist die Dreiturm GmbH auf die Veredelung (von Reinigungsmitteln) ausgerichtet, stellt außerdem (milde) Pharmazeutika her. Der Slogan lautet nach wie vor: »Für alles die richtige Lösung«. Platz Eins auf der Strecke behält freilich VW. Nicht allzuweit hinten dann Fulda, die siffige Rückenansicht der Papierfabrik dort. Mehr weiß ich bislang nicht, muss halt ein paar Mal noch fahren.

Ausgesucht schöner Sonnenuntergang, der in drei Phasen gezeigt wurde, weil kurz vor der Bildkante noch ein blauschwarzes Wolkenband horizontal verlief, hinter dem der Sonnenpunkt für zehn Minuten verschwand, den Untergang an sich quasi antäuschend, um dann darunter durchgeschlüpft noch einmal kurz loszustrahlen, dann Waldsaum und damit auch »Ende Gelände« wie es unter den Freunden des Endreims heißt. Die Vögel machten kundige Geräusche, so als verstünden sie nur irgendetwas davon – aber wer weiß? Evolutionspsychologisch ist es doch wahrscheinlich, dass gerade Amseln beispielsweise oder Nachtigallen, die mit ihrer Liedproduktion so ganz wesentlich mit der Tag-/Nachtscheide verbunden scheinen wie infrarotsensorgesteuerte Lichtschalter, über Tausende von Jahrhunderten eine seelische Empfänglichkeit für die Qualität dieser Licht aus-/Licht an-Momente ausgeprägt haben dürften. Just saying.

Dazu aß ich Spaghetti mit Tomatensauce nach einem alten Rezept aus den fünfziger Jahren. Seit es viel aus London zu berichten gibt, ist in der Tagesschau nun erfreulich oft auch die Großbritannien-Korrespondentin des Ersten zu sehen. Hanni Hüsch. Sie hat einen ganz eigenen Stil, sich während ihrer Kommentare in Pose zu stellen. Auch was sie dazu anzieht, bleibt bei mir haften. Seit Gabriele Krone-Schmalz ist sie die erste Kommentatorin im Deutschen Fernsehen, deren Namen ich korrekt auswendig weiß. Wobei sie eigentlich Johanna heißt. Auch das weiß ich schon. Hanni ist eine Art Künstlername. Es soll kalt bleiben, auch über das Wochenende. Na ja.

Eine Frau vom Bayerischen Rundfunk, sie trägt ein Strickkleid aus goldglitzerndem Lurex, wünscht einen angenehmen Abend. Es folgt die Dokumentation über den NSU.