2.1.2020

«Eine solche Schrägheit bekommt der gediegene literarische Handwerker nicht hin. Zwar wurde diese Schrägheit nicht bewusst eingesetzt, aber muss etwas bewusst sein, um bedeutsam zu werden? Kann schlechtes literarisch relevant sein, auch wenn es nicht bewusst als Zitat von Schlechtem eingesetzt wurde?»

Was Fichte zum Gedicht schreibt, auf die Gemälde des Kubaners wenden: Was will der mit seiner Malerei? Beziehungsweise: Was soll ich mit ihr? Die Bilder kosten, angefangen bei 450, bis zu 1000 Euro. Die sogenannte Preisgestaltung bewirkt, dass mich seine Werke nur noch mehr stören, wenn ich dort im Café Laumer sitzend auf sie schauen muss. Schlecht und teuer = unverschämt. In einer Kunsthandlung würde mich dieser Zusammenhang, den ich konstruiere, um mir die verstörende Wirkung dieser Leinwände zu erklären, wahrscheinlich kaum angehen. In der Galerie als Bestandteil einer Sphäre des Kunsthandels gelten spezielle Gesetze, die ich nicht kennen muss. Sie können mir egal sein, meine Lebensführung bleibt davon unberührt. Da ich kein Kunstsammler bin, suche ich ein Café in grundsätzlich anderer Absicht auf, als eine Galerie. In eine Galerie gerate ich grösstenteils eher zufällig, dabei stets absichtslos. Das müsste ich zwar auch von meinen Besuchen im Café behaupten, dafür ist meine Absichtslosigkeit beim Cafébesuch von einer anderen Qualität als die meiner absichtslosen Galeriebesuche. Das Café besuche ich vorgeblich absichtslos, also mit Hintergedanken. Zu diesen aber konnte ich im Laumer nicht durchdringen. Da hingen diese Gemälde des Kubaners davor (auf einem breiten Querformat durchbohrte eine in die kubanische Nationalflagge gehüllte Kurzstreckenrakete einen Fries von Baumwipfeln im Morgendunst — ungefähr so ging mein Leid).

Der Kubaner weiss von alledem vermutlich nichts. Sein Gemälde mit dem Titel Die Schuhe von Adam und Eva zeigt natürlich eine Sandalette mit hohem, bleistiftdünnem Absatz, die mit der Spitze einen Halbstiefel mit Schnallenverschluss berührt. Der modernisierte Schnabelschuh steht ebenfalls mit seiner Spitze der ihm gegenüber angeordneten Sandalette zugewandt. Wie auf sämtlichen Gemälden des Kubaners, die im Café Laumer ausgestellt werden, sind diese beiden Schuhe auf weissen Grund gesetzt und bestehen wieder aus den kamelhaarfeinen, dicht an dicht gemalten Baumwipfeln in leuchtenden Grüntönen. An einem ebenso aus Baumwipfeln zusammengesetzten Riemchen der Sandalette hängt übrigens ein roter Apfel, naturalistisch gemalt.

Spannt die Topflappen auf, ich quack den Panzen an die Wand! (Fichte)