22.1.

Unaufhörlich begegnen sich in den gegeneinander bewegten Luftschichten Wolken mit ähnlichem Gesicht. Die Sonne taucht dahinter ab und erscheint dann wieder in einer Lücke, weiß, aus spiegelndem Material. Alles unter dem Himmel ist grau, schwarz oder bläulich, hier und da dampft oder qualmt es, so als hätte es die ganze Nacht gebrannt.

Ich kann verstehen, dass, ich weiß nicht mehr genau, wer, womöglich war’s ein Dichter ohne Namen, den Sonnenaufgang über einem Schlachtfeld mit einer Kerze Gottes beschrieben hat, die zum Ende der Nacht angezündet wird von dessen unsichtbarer Hand. Auch das Wetter, solch einen unendlich langwierigen Januar, will ich von ihm bedichtet lesen. Ich kenne bloß das Kapitel mit dem Eiszeitwinter in Orlando, als man sich noch auf Schlittschuhen aneinandervorbeifahrend kennenlernte: »Birds froze in mid-air and fell like stones to the ground«.

Dass eine Frau aus Norwich quasi explodiert sein sollte in einer Wolke aus winzigen Kristallen scheint dagegen plausibel. Es gibt diesen selbstgedrehten Film auf Youtube, da tritt der Anwohner einer sibirischen Bahnstation bei minus 60 Grad vor die Tür, um im Freien dort einen Schluck Wasser in die Luft zu speien. Der, man sieht es in diesem Film, tatsächlich noch in der Luft schwebend, gefriert. »Mid-air« und »turned visibly to powder and being blown in a puff of dust over the roofs as the icy blast struck«.

Die Zeit scheint mitgefroren. Zeit, die sich elastisch anschmiegt an die Temperatur, die gelatinös gerinnt – eine Horrorvorstellung (bitte nicht schreiben!!!). Januar, Februar, die blattlose Zeit, die fest- und freudlose auch: Für mich die reine Abfallzeit. Beim Händewaschen fällt mir auf, dass sogar meine Fingernägel langsamer wachsen. Es ist, dazu muss ich wirklich rechnen: gerade 18 Tage her, dass ich aus Frankfurt zurückgekommen bin. Mein Zeitgefühl behauptet etwas ganz anderes. Nur wenige Lichtstunden, und Dunkelheit wiegt scheinbar doppelt schwer. Mindestens.

»All ends in death«, Orlando would say, sitting upright on the ice.