22.4.

Ich bin mondsüchtig, wie es heißt. Also nicht über mich, ich weiß ja zum Glück zwar nicht alles, was die Leute über mich zu wissen glauben, aber meine Mondsüchtigkeit etwa ist den meisten, die ich kenne, und von denen ich von daher auch weiß, was sie über mich zu wissen glauben, vollkommen unbekannt. Glaube ich zumindest. Der schöne Film mit Cher in der Hauptrolle ist auch unbekannt, da zu lange her, sodass ich beinahe schon davon ausgehen kann, dass Mondsüchtigkeit an sich als Gesprächsthema in der Berliner Gesellschaft momentan keine Rolle mehr spielen dürfte. Eventuell sollte ich am nächsten Donnerstag, wenn die Fürstin Gloria von Thurn und Taxis im Modeshop The Corner ihre aquarellierten Gesellschaftsportraits ausstellt, meine Mondsüchtigkeit thematisieren.

Oder halt Cher. Die sich ja, wie jedermann weiß, einst zwei Rippen hatte heraussägen lassen, um eine sogenannte Wespentaille zu erhalten. Prince Roger Nelson hat sich vor seiner conversio zum Zeugen Jehovas übrigens der selben Prozedur unterzogen (also unter die Säge gelegt), sogar aus dem selben (weltlichen) Motiv: nämlich, um an sich selbst die Fellatio ausführen zu können. Damals gab’s ja noch so gut wie gar kein Yoga. Mick Jagger hingegen, some guys have all the luck, konnte bereits in den frühen Siebzigerjahren auf der sogenannt offenen Bühne eines Festivals vorführen, dass er ein zwischen seine Oberschenkel gestecktes Mikrofon ganz in den Mund zu nehmen fertig brachte. Ganz so weit würde ich nicht gehen. Aber ich bin jetzt schon sehr gespannt* auf den Fürstentalk. Was mich nicht um den Schlaf bringen kann, da ich ohnehin mondsüchtig bin.

Also auf zur blauen Tanke, um die Wochenzeitung Die Zeit zu kaufen (die Tageszeitungen treffen dort leider erst um sechs ein, und das auf eine Weise, die keine Art ist, unter Zeitungsliebhabern gesprochen. Ich weiß das, habe es bezeugt und könnte, wie es heißt, sogar: ein Lied davon singen, tue das aber nicht), aber leider war sie bereits ausverkauft. Ob es in meinem Kiez etwa noch einige Mondsüchtige mehr gab? Prinzipiell könnte es sogar sein, daß Cher hier in der Nachbarschaft wohnte. Denkbar war das immerhin.

Ah ja, jetzt meldet sich das iPad »von sich aus« mit einem Hinweis: »Apple Pencil Batterie Aufladen (5%)« – woher weiß es das denn? Der Stift liegt doch ganz woanders. Aber klar: sie sind ja über Bluetooth verbunden. Um den Stift aufzuladen, muss ich ihm hinten die magnetische Kappe abnehmen, und ihn dann mit seinem Mini-USB-Stecker in den Schlitz des iPads einzuführen. Das sieht immer aus, als würde er im iPad Fieber messen.

Die beiden Süßen! Also ein Planet mit zwei Monden, auf dem nur noch Geräte leben: stelle ich mir ganz schön idyllisch vor.

»Für Morgen«, sagt Notifications »steht kein Ereignis im Kalender«.

(* in etwa so, wie ein Gummiband um einen Elefant)