23.1.2020

Heute gegen 17 Uhr Ortszeit, kurz vor Sonnenuntergang habe ich endlich den Doctor Bird gesehen. Da waren wir schon längst in Kingston angekommen, hatten unser Zimmer bei der Witwe des jamaikanischen Botschafters in Westafrika bezogen, Patties mit Shrimps gegessen und solche mit Chicken und ich hatte meine Hoffnung auf eine Begegnung mit dem Nationaltier schon für begraben beschliessen wollen, da, wir spazierten gerade durch den Emancipation Park in der Oberstadt, als ich aus dem Augenwinkel ein irritierendes Schwirren in einer der von flamingofarbenden Blüten wie mit feucht gewordenen Kosmetiktüchern angewehten Baumkronen registrierte, das sich beim Näherkommen als das Schwirren des, in meiner Privatmythologie zumindest: sagenumwobenen Kolibris zeigte. Sein gegabelter Schwanz war lang und wippte seidig.

In Wirklichkeit ist er aber etwas grösser, als ich ihn mir vorgestellt hatte, sieht aber farblich und auch von seinen Formen her genau wie auf den Fotos aus, die ich mir wieder und wieder angeschaut hatte. Er fliegt extrem schnell, die Flugbahn verläuft in flachen Bögen zwischen zwei Bäumen, deren Blüten er mit seinem roten Pipettenschnabel anzapft. Der Parkwächter behauptete, wenn ich morgen mit einem Eis mit Rumrosinen von I Scream wiederkäme, würde der Doctor Bird sich niederlassen auf meinem Eis — oder zumindest einer dieser daumengrossen Flugkäfer, die ebenfalls die Blüten dieses Baumes bewirtschafteten, der im jamaikanischen Volksmund Poor Man’s Orchid Tree heisst. Der Käfer hingegen hat überhaupt keinen eigenen Namen. Der Parkwächter nennt ihn «Tic-Tic», sein Kollege sagt «Black Bug».