23.12.2019

Heimgekehrt nach einem geselligen Abend bei Jägers, nahm ich noch einmal diese Zeitschrift zur Hand, die mich in den vergangenen Tagen seit meiner Genesung stark beschäftigt hatte — aus dem einzigen Grund aber, dass ich sie nicht verstehe. Und dieses Etwas-nicht-verstehen, davor habe ich mich immer gefürchtet. Vor allem, weil ich es als Argument vorgebracht selbst nie akzeptieren wollte; dass jemand etwas nicht verstehen kann, das kam mir stets vorgeschoben vor (also doppelt geheuchelt). Also kein schwaches Argument, sondern keines. Eine Ausrede.

Jetzt aber diese Zeitschrift, Friederike hat sie abonniert. Christian hat darin schon Fotos veröffentlicht. Zwei Menschen also, Geister, die ich zu verstehen glaube, verstehen kann, wie es mir scheint. Aber diese Zeitschrift — Das Wetter heisst sie, und schon frage ich mich, warum «Das Wetter», schon die Namensgebung verstehe ich nicht. Das Titelblatt zeigt eine Zeichnung: Zwei männliche Gestalten in heller Freizeitkleidung mit verkehrtherum montierten Flügeln aus leeren Mineralwasserflaschen in einem Rosenbeet. Ihre Gesichter sind grob verpixelt. Im Hintergrund: ein Himmel, das Meer.

Berichtet wird von Musikern, auch von einem Schriftsteller (dessen Debüt in ein paar Monaten erscheint, aber um das Buch geht es in dem sehr langen Interview nicht, sondern um ihn selbst, nach Feierabend sozusagen). Die überwiegende Zahl der Artikel scheint mir in der Sprache darauf angelegt, dass ich so bald wie möglich das Interesse verliere, mich weiter durch die Sätze zu arbeiten (wie in einer Geheimsprache, deren Chiffren ich nicht entschlüsseln können soll). Beispielsweise erscheint das Portrait der Musikerin Ilgen-Nur redaktionell ausgestattet mit den einleitenden Sätzen: «Ilgen-Nur und ich treffen uns in einem Café in ihrer neuen Wahlheimat Berlin und unterhalten uns bei einem Kaffee über Realness, Migration und Instagram. Hauptsächlich in Anglizismen».

Teilweise verstehe ich auch die eventuell nicht einmal für Das Wetter spezifische Art, Schriften zu setzen, nicht mehr. Das, wie gesagt, nicht aus einer Denkfaulheit heraus oder aus mangelndem Interesse. Dramatisch. Vor allem, da es mich trifft.