25.6.2019

Wenn man Zeit anhalten könnte wie Luft. Am Strand von Tel Aviv fand ich ein iPhone. Das war am Rande des Fussweges zwischen den Strandabschnitten Hilton Beach, Dog Beach und dem durch Stellwände abgeschirmten Bereich der streng Gläubigen. Eine in ein bodenlanges T-Shirt mit langen Ärmeln gekleidete Schwimmerin hatte mich höflich des Platzes verwiesen. Anscheinend war Frauenbadetag. Auf meinem Rückweg über den benachbarten Hundebadestrand entdeckte ich das Smartphone im Sand. Vielleicht war es einem Jogger aus der Halterung an seinem Bizeps gerutscht. Wie ich es aufhob, fing es an zu vibrieren. Eine einheimische Nummer wurde auf dem Display angezeigt. Ich übergab das Gerät einem Bademeister, der das Gespräch sofort entgegennahm und sich gestenreich von mir verabschiedete. Am Abend fand ich weiter südlich nahe eines Priels einen Schlüsselbund. Die Strandaufsicht hatte sich schon längst via Lausprecherdurchsage in den Feierabend verabschiedet. Ich formte einen Kegel aus nassem Sand und befestigte die Fundsache an dessen Spitze, sodass die Schlüssel ihrem eventuell den Strand nach ihnen absuchenden Besitzer noch besser in die Augen sozusagen stechen konnten, als sie das ohnehin mit ihren landestypisch in Signalfarben gehaltenen  Gummiummantelungen am Griffschild müssten. Die Israelis um mich herum droschen unverdrossen mit ihren Strandtennisschlägern auf die bei diesem Spiel  dazugehörenden Hartgummikugeln ein. Wie Friederike herausgefunden hatte, handelt es sich dabei um den Nationalsport Israels. Er macht einen grässlichen Lärm und ist an weiten Teilen des Strandes sogar per Schild verboten. Daran hält sich freilich niemand. Zusätzlich zu dem grässlichen Lärm kommt noch die einschüchternde Verbissenheit, mit dem die Anhänger des Nationalsportes mit ihren ungepolsterten Holzbrettern auf die Hartgummikugeln eindreschen. Durch die enorme Fluggeschwindigkeit des Bällchens gebannt, haben die Spieler keinen Blick für die Schönheit des Sonnenuntergangs. Oder die kleinen Krabben in den Prielen, die sandfarben gepunktet sind, mit gelbem Säumen um die Füsse. Sie haben es auf die Jungfische abgesehen, die schwarmweise durch die flachen Ausläufer der Brandung ziehen. Blitzartig schiesst dann aus einem Sandbunker die weisse Krabbenschere in die Höhe und hat sich schon tief in den weichen Bauch des Fischleins eingeschnitten. Die Krabbe schält sich aus ihrem Versteck im Grund des Priels und zieht ihre Beute am Gedärm gefasst zu sich herab. Das grosse Spiegelauge des Fisches starrt, zur Mimik unfähig, unverändert gross. Der Fisch an sich steht im Judentum ganz oben. Das einzige Tier, das mit offenen Augen schläft.