25.7.2019

Im Zweifel für das Provisorium: nach dem Zeitungskauf, da war es noch schattig und kühl, streifte ich beim Hinausgehen den Ständer mit den Blättern aus dem Springerverlag. Auf der BZ war eine Simulation abgebildet, wie, bald schon, in der Vorweihnachtszeit spätestens die Anti-Terror-Blockade vor dem Breitscheidplatz ausschauen soll. Angeblich gab es seit dem Anschlag dort ein Provisorium (war mir nicht aufgefallen), das nun «endlich» durch etwas Endgültiges ersetzt werden soll. Und zwar durch ein Bollwerk aus Buchstaben. Der Schutzfries besteht demnach aus zwei Meter hohen Buchstaben aus Beton, die, von links nach rechts gelesen das Wort «Berlin» ergeben werden. Ich kenne keine grössere Stadt auf der Welt, wo so etwas möglich wäre. Dann doch lieber «Love» nach Robert Indiana, oder eine Pietà aus Beton. Aber in Berlin selbst stehend, mit Blick auf die Gedächtniskirche, und davor steht dann Berlin?

Daheim dann gleich der nächste Schock, als ich über den Rand meiner Tasse blickend mich im Grün des Baumes verlieren wollte. Entdeckte ich dort etwas Braunes, Haariges von einem Zweig herunterhängend. Zweifellos der Schwanz des Eichhörnchens. Den Rest des Tieres konnte ich aber nicht erkennen, da vom Laub verdeckt. Und der Schwanz selbst regte sich nicht. Auch dann nicht, als ich an die Fensterscheibe pochte. Es durchfuhr mich: War das Tier im Sitzen gestorben? Vor Entkräftung womöglich, nach den zehrenden Bauarbeiten am Zweitwohnsitz. Oder dehydriert, es war ja schon warm (und wo sollte es dort oben auch Wasser herbekommen? Ich eilte ins Badezimmer, von dessen Fenster aus ich in einem minimal versetzten Winkel in den Baum Einsicht nehmen kann. Ich öffnete dort das Fenster, aber auch hier wurde mir sämtliches, bis auf den reglosen Schwanz des Eichhörnchens vom Laubwerk verdeckt. Es nutzte ja nichts, ich ergriff den nächsbesten Ast und rüttelte herrisch. Müde und träg kletterte das Tier ein paar Zentimeter auf den Stamm zu und schaute sich um. Es war am Leben, immerhin.

Ich schrieb so lange, bis der Bildschirm erlosch. Das mache ich seit neuestem immer so, ich habe diese Möglichkeit durch Zufall entdeckt. Früher, vor wenigen Jahren zumindest bedeutete das noch die Katastrophe, wenn plötzlich die Batterie erschöpft war und ich den richtigen Moment verpasst hatte, das Ladekabel einzustecken. Oft war dann ein beträchtlicher Teil des zuvor Geschriebenen verloren—je nachdem, wann ich zum letzten Mal zwischengespeichert hatte. Jetzt fiel mir neulich durch Zufall auf, dass Pages ja gar keine Funktionstaste mehr aufweist, mit der ich das Zwischenspeichern befehlen könnte. Ich schrieb also schon länger mit einem Programm, das sich automatisch um das speichern kümmert. Das wollte ich einem Härtetest unterziehen und schrieb dann philobaterweise so lange, bis der Bildschirm schwarz wurde. Und siehe da: Nach dem die Batterie ausreichend geladen hatte, um einen Neustart des Gerätes durchführen zu können, war kein einziges Zeichen verloren gegangen.